Das eine gute Mundgesundheit und intakte Zähne ein erstrebenswerter Zustand sind, liegt auf der Hand: Ein schönes Lächeln, eine gute Kaufunktion, ungestörtes Sprechen und die Abwesenheit von Schmerzen und unangenehmem Mundgeruch sind den meisten Menschen sehr wichtig.
Das eine gute häusliche Mundhygiene, eine gesunde Ernährung und die moderne Zahnmedizin viel zu diesem erstrebenswerten Zustand beitragen können, wissen die Meisten. Weniger bekannt ist, dass Erkrankungen der Mundhöhle und insbesondere des Zahnhalteapparates mit einer Vielzahl weiterer Erkrankungen jenseits des Mundes verknüpft sind bzw. diese negativ beeinflussen.
Wie können Erkrankungen des Mundbereiches die Allgemeingesundheit schädigen?
In entzündeten Zahnfleischtaschen tummeln sich Millionen von Bakterien. Einige besonders aggressive Arten (Eiweißfresser) vermehren sich besonders in tiefen Taschen, dringen aktiv ins Weichgewebe ein und lösen im Körper einen Knochenabbau um die Zähne aus. Sie können im Rahmen der entzündlichen Auflösung des Zahnhalteapparates auch in kleine Blutgefäße eindringen und werden von dort in den Körper eingeschwemmt. Eine fortwährende bakterielle Fehlbesiedlung tiefer Zahnfleischtaschen bombardiert den Körper mit aggressiven Bakterien, giftigen Zerfallsprodukten des Abwehrkampfes und entzündungsfördernden Signalstoffen, die die Gesundheit auch in weit entfernten Körperteilen gefährden können. Die Mediziner sprechen von einem "modellierenden Risikofaktor", was bedeutet, das diese Vorgänge die Entstehung und den Verlauf weiterer Krankheiten negativ beeinflussen. Eine ganze Reihe konkreter Zusammenhänge sind inzwischen durch Assoziationsstudien, biologische Kausalitätsketten und Interventionsstudien wissenschaftlich belegt:
Im Blut von Patienten mit Zahnfleischentzündungen finden sich regelmäßig Bakterien, die zunächst die Zahnfleischtaschen besiedeln, dann in den Blutkreislauf eindringen und somit auch entfernte Regionen des Körpers erreichen. Diese Bakterien werden auch in den entzündeten Bereichen von Blutgefäßen lebend nachgewiesen. Das Eindringen von Bakterien in den Blutkreislauf ("Bakteriämie") schädigt zusammen mit weiteren Faktoren (Ernährung, Rauchen) die empfindlichen Innenwände der Blutgefäße und fördert chronische Gefäßentzündungen, die zu Mangeldurchblutungen und Verschlusskrankheiten (Atherosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall) führen. Eine Parodontitis ist also als unabhängiger Risikofaktor für diese Erkrankungen anzusehen!
Eine chronische Zahnbettentzündung ist insbesondere für Menschen mit Diabetes
gefährlich, da sie über die Ausschüttung entzündungsfördender ("proinflammatorischer") Signalstoffe die Insulinresistenz fördert, die korrekte Einstellung des Blutzuckers erschwert und somit diabetische Komplikationen begünstigt. Während einer Zahnbettentzündung sind das C-reaktive Protein
(CRP) und verschiedene Zytokine
im Blut erhöht, der Körper wird permanent in Alarmbereitschaft gehalten, wodurch die "Insulinresistenz" gesteigert wird, die den Blutzucker nach oben treibt. Umgekehrt fanden die Wissenschaftler bei Patienten, deren Zahnfleischentzündung erfolgreich behandelt wurde, eine Senkung des HbA1c-Wertes (Langzeit-Blutzuckerwert).
Chronische Zahnbetterkrankungen erhöhen das Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft.
In den Blutkreislauf eingedrungene Bakterien können künstliche Herzklappen, künstliche Gelenke und Gefäßprothesen besiedeln. Dort verursachen sie gefährliche Entzündungen, die zum Verlust von Implantaten
führen können.
Bakterienansammlungen aus Zahnnischen oder unter Prothesen können über die Luftröhre in die Lunge gelangen und insbesondere bei älteren und bettlägerigen Menschen tödlich verlaufende Lungenentzündungen
verursachen.
Auch für weitere Erkrankungen wird ein Einfluss der Mundhöhle diskutiert bzw. sind erste Hinweise gefunden worden, hier ist die Datenlage der wissenschaftlichen Studien aber noch zu gering, um gesicherte Aussagen machen zu können. Sicher ist aber: Eine chronische Entzündung im Mund bindet Abwehrkräfte des Körpers und ist sicher nicht förderlich für die allgemeine Gesundheit.
Wie können wir in der Praxis die Gesunderhaltung der Strukturen im Mund und damit auch die Allgemeingesundheit fördern?
Indem wir die chronische Infektion der Zahnfleischtaschen beenden, ganz klar. Diesem Zweck dient die sogenannte "Parodontitis-Therapie", die je nach Anfangsbefund unterschiedlich ausfällt.
Ganz wichtig: Nach Abschluss der ersten Behandlungsphase muss in regelmäßigen Abständen der Befund nachkontrolliert und die Resttaschen nachgereinigt werden. Leider heilt eine echte Zahnbettentzündung nicht spurlos aus, es kommt zu einer "Defektheilung". Das Knochenniveau ist unregelmäßig und im Weichgewebe verbleiben immer sogenannte Resttaschen, die in regelmäßigen Abständen professionell nachgearbeitet werden müssen, weil sie durch die häusliche Mundhygiene nicht erreicht werden können.
Dies geschieht im Rahmen der "parodontalen Erhaltungstherapie", oft auch vereinfacht als "professionelle Zahnreinigung" bezeichnet wird. Dabei werden
- die Tiefe der Resttaschen und ihr Entzündungsgrad kontrolliert
- schädliche Bakterienansammlungen (= "Biofilm") sichtbar gemacht
- der Biofilm vollständig entfernt
- Zahnstein und harte Auflagerungen auf den Wurzeloberflächen ("Konkremente") entfernt
- Verfärbungen entfernt und alte Füllungen und Kronenränder aufgearbeitet und poliert
- freiliegende Wurzelflächen und Zahnzwischenraumnischen nachfluoridiert
- der Patient trainiert, mit individuell abgestimmten Hilfsmitteln seine Problemstellen effektiv zu reinigen
- die individuell geeignetsten Pflegemittel (Zahnpasten, Spezialbürsten etc.) ausgesucht
Schenkt Prophylaxe Lebenszeit?
Ja!
Schaffen wir gesunde Verhältnisse im Mund, verhindern wir die negativen Einflüsse auf die Entstehung oder den Verlauf ernsthafter Erkrankungen des Körpers und gewinnen so Gesundheit und damit auch Lebenszeit.
Als kleines Extra obendrauf gibt es noch Schutz gegen Karies, Vermeidung von teurem Zahnersatz und ein gutes, sauberes Gefühl im Mund dazu.
Bleiben Sie gesund!
Ihr Praxisteam Dr. Gudrun Flechsig und Dr. Tilman Flechsig