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Neue Richtlinien für Füllungen im Seitenzahnbereich ab 01.01.2025

Tilman Flechsig • 30. Dezember 2024
Warum mussten die Behandlungsrichtlinien verändert werden?

Nachdem die EU ein europaweites Produktionsverbot für quecksilberhaltige Produkte zum Beginn des Jahres 2025 erlassen hat, sahen sich die Vertreter von Zahnärzteschaft und Krankenkassen genötigt, die Versorgung mit Füllungsmaterialien im Seitenzahnbereich neu zu regeln. Der "gemeinsame Bewertungsauschuss" hat am 2. Oktober 2024 nach wissenschaftlicher Beratung und in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium die Änderung der entsprechenden Gebührenpositionen  13 a-h des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (gemäß § 87 Abs. 2 und 2h SGB V) beschlossen.


Zu den Hintergründen des Amalgamverbotes durch die EU lesen Sie bitte unseren Blogbeitrag "EU-weiter Amalgam-Ausstieg ab 2025" vom April 2024.


Ziel der Neuregelung war es zu definieren, welche Füllungsmaterialien für gesetzlich Versicherte ab dem 01.01.2025 als "Kassenleistung" zur Verfügung stehen. Diese Regelung sind für Zahnärzte mit "Kassenzulassung" verbindlich.



Was gilt nun im Einzelnen?

  • Frontzahnfüllungen werden wie bisher aus "Kunststoff" in Standardtechnik ausgeführt.
  • Amalgamfüllungen dürfen nicht mehr gelegt werden.
  • Die "Ausnahme-Indikation" für hochwertige Kunststofffüllungen im Seitenzahnbereich für Schwangere und stillende Personen sowie Kinder wird gestrichen!   Die entsprechend honorierten Positionen 13e - 13h entfallen.
  • Im Seitenzahnbereich sind für alle Patienten nun "selbstadhäsive Füllungsmaterialien" vorgesehen. Dies sind verschiedene Arten von Glasionomerzementen.
  • Wenn Patienten im Seitenzahnbereich eine höherwertige Versorgung wünschen, können Sie im Rahmen der Mehrkostenregelung auch mit Keramikfüllungen versorgt werden. Sie müssen die Mehrkosten allerdings selber tragen.
  •  Bei sehr ausgedehnten Defekten kommen wie bisher die Versorgung mit einer Teilkrone oder Krone in Betracht. Auch hierbei gibt Unterschiede in der Ausführung: Die Standardversorgung ist eine Teilkrone aus Metall, ästhetisch höherwertig ist eine vollkeramische Teilkrone. Ähnlich verhält es sich mit Kronen.                                                                                                       

Was sind die Unterschiede zwischen Zementfüllungen und Keramikfüllungen?

Zementfüllungen bestehen aus mineralischen Glaspartikeln und Polyacylsäure, die miteinander zu einem festen Zement reagieren. Moderne Varianten haben zudem noch eine verstärkende Kunststoffmatrix. Sie werden mit einer einfachen Technik, d. h. ohne spezielle Klebetechnik in den Zahn eingebracht. Sie haben eine helle, aber nicht komplett zahnähnliche Farbe und sind mechanisch nicht so haltbar wie andere Materialien.  Es muss also damit gerechnet werden, dass diese Füllungen öfter erneuert werden müssen. Sehr große Defekte lassen sich mit diesen Materialien nicht versorgen. Kassenleistung ist in diesen Fällen eine  Teilkrone aus einer silbrig-schimmernden Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierung.

Zementfüllungen sind Bestandteil der kassenärztlichen Versorgung und daher immer für den Patienten kostenfrei.

Keramikfüllungen (auch Kompositfüllungen genannt) bestehen zu ca. 80% aus keramischen Füllkörpern, die in einer Kunststoffmatrix eingelagert sind und zunächst eine Marzipan-ähnliche Konsistenz haben. Nachdem der Zahn mit einer speziellen Klebetechnik vorbehandelt wurde, wird dieses Material in kleinen Portionen eingebracht und diese Portionen dann separat lichtgehärtet. Durch die Lichthärtung verbinden sich die Elemente der Kunststoffmatrix zu einem stabilen Netzwerk, in dem die hochfesten feinen Keramikpartikel eingelagert sind. Diese Technik ist deutlich zeitaufwändiger und techniksensitiver als die einer Zementfüllung. Die aus der Verbindung von Material, Klebetechnik und Lichthärtung hervorgegangenen Füllungen zeichnen sich durch folgende Vorteile aus:


  • Sie sind hoch ästhetisch, da individuell zahnfarben und transluzent.
  • Sie sind in sich sehr stabil und abriebfest und bewahren ihre Form jahrelang.
  • Sie sind deutlich bruchfester als Zementfüllungen, es können auch größere Defekte versorgt werden.
  • Sie können die verbliebene Zahnsubstanz durch die Verklebung stabilisieren.
  • Sie schonen die eigene Zahnsubstanz, da sie seltener als Zementfüllungen erneuert werden müssen und oft die Anfertigung einer Teilkrone oder Krone überflüssig machen.

 

Wenn Keramikfüllungen besser sind, warum zahlt sie die Krankenkasse dann nicht?

Der Gesetzgeber in Gestalt des Bundesgesundheitsministeriums versucht die Kostensteigerung im Gesundheitswesen zu begrenzen. Eine generelle Freigabe der bisherigen Positionen 13e bis h (=> der bisherigen Kassen-Keramikfüllungen für einen stark eingeschränkten Personenkreis) für alle Versicherten wäre aus Sicht des Ministeriums nicht finanzierbar gewesen. Der gemeinsame Bewertungsausschuss wurde angewiesen, eine möglichst kostenneutrale Umsetzung der EU-Richtline zu beschließen.


Die Versicherten selbst sind nun in die Pflicht genommen, nach Beratung durch Ihren Behandler zu entscheiden, welche Versorgung für Sie die richtige ist. Die Kosten für Keramikfüllungen sind je nach Füllungsgröße gestaffelt und liegen in unserer Praxis zwischen 30 und 100.-€. Große Keramikfüllungen sind somit günstiger als eine Teilkrone aus Metall. Entsteht durch einen hohen Behandlungsbedarf eine größere Kostenbelastung, können auch Ratenzahlungen vereinbart werden.  Individuell zu prüfen ist, ob Zahnzusatzversicherungen eventuell die Kosten für eine höherwertige Füllungstechnik übernehmen.


Getreu dem Motto unserer Praxis ist die Prophylaxe natürlich die beste Form der Versorgung. Durch die Kombination aus gesunder Ernährung, guter häuslicher Mundhygiene, Fluoridanwendung und professioneller Zahnreinigung können wir dazu beitragen, dass weniger und kleinere Defekte entstehen und die eigenen Zähne lange erhalten bleiben!


Ihre Praxis für Zahnerhaltung
Dr. Gudrun Flechsig und Dr. Tilman Flechsig

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Verwendet unsere Praxis noch Amalgam? Nein. Wir haben in unserer Praxis die Verwendung von Amalgam schon vor über 25 Jahren komplett eingestellt. Bei Kindern und Jugendlichen haben wir es nie verwendet. Im Jahr 2018 hat die EU die Verwendung des Materials bei Schwangeren und Kindern unter 15 Jahren verboten. Nur für diesen kleineren Personenkreis übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die höheren Kosten einer Kompositefüllung. Wir bieten in unserer Praxis sowohl kostenfrei als auch kostenpflichtige Alternativen zum Amalgam an. Alle Patienten werden vor der Behandlung über eventuell anfallende Kosten bei der Versorgung mit höherwertigen Materialien informiert. Welche Konsequenzen ein EU-Amalgamverbot für die zukünftige Kostenübernahme von Kompositefüllungen (" Kunststofffüllungen ") durch die Krankenkassen haben wird, können wir derzeit noch nicht abschätzen. Für das Jahr 2024 ändert sich erst einmal nichts.
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Vor nicht allzu langer Zeit waren Karies (" Zahnfäule ") und lockere Zähne durch Parodontitis (" Zahnfleischschwund ") die Hauptursachen für den Verlust von Zahnsubstanz und Zähnen. Erfreulicherweise hat sich das geändert: Durch die verbesserte Mundhygiene bleiben mehr und mehr Menschen weitgehend kariesfrei und das Zahnfleisch und der Zahnhalteapparat werden gesund erhalten. In den letzten zwei Jahrzehnten rücken andere Schadensformen an den Zähnen mehr und mehr in den Vordergrund. Es sind Substanzverluste an den Oberflächen der Zähne, die durch mechanische ("Zähneknirschen", beschleunigter Zahnabrieb) oder chemische (Säureschäden) Einflüsse zu massiven Formveränderungen der Zähne, zum Absinken der Bisshöhe oder zum Freiliegen von empfindlichen Zahnarealen führen. Nach dem kompletten Verlust des schützenden Schmelzmantels liegt dann das Zahninnere, das Dentin frei, was zudem zu stark schmerzempfindlichen Zähnen führen kann. Natürlicher Oberflächenverlust (= Physiologische Demastikation) Jedes Gebiss unterliegt normalerweise einem kontinuierlichen Abrieb durch die Nahrungsbestandteile und die jeweilige Gegenbezahnung bzw. durch den Einfluss von natürlichen Säuren aus der Nahrung. So haben 20jährige in nur drei Prozent der Fälle einen stark sichtbaren Abriebsverlust (Abrieb bis in das mittlere Dentindrittel), wohingegen 70jährige diesen zu 17 Prozent aufweisen. Über 80% der 70jährigen haben zwar gealterte, aber grundsätzlich intakte Zahnoberflächen. Im Normalfall müssten unsere Zähne vom Abrieb her für ein ganzes Leben halten, weil wir in 10 Jahren nur etwa 0,3 mm an Zahnschmelz verlieren. Da der Schmelzmantel der Zähne im Bereich der Kaufläche ca. 1,5 mm dick ist, sollten wir die ersten 50 Jahre der Zahnnutzung ohne Freilegung von Dentin schaffen. Dies gilt umso mehr, als wir in unseren "modernen Zeiten" die Zähne nicht mehr als Werkzeug nutzen oder auf Steinen gemahlenes Mehl zu uns nehmen müssen. Das Mehl mit dem Sandzusatz wirkte in früheren Zeiten zu Brot gebacken wie Schmirgelpapier. Gebisse von Menschen, die vor mehr als 250 Jahren lebten, zeigen einen deutlich höheren Substanzverlust als heutzutage üblich. Es ist grundsätzlich sehr wichtig, krankhafte Substanzverluste schon in einem frühen Stadium zu entdecken, um massive Schäden und hohe Folgekosten für aufwendige Zahnrekonstruktionen zu vermeiden. Insbesondere kann sich der Abrieb verstärken, wenn das Dentin ("Zahnbein") an der Zahnoberfläche durch den vollständigen Verlust des Zahnschmelzes frei zu liegen beginnt, weil Dentin fünf mal weicher als Zahnschmelz ist. Was sind die Ursachen für einen beschleunigten Verlust von oberflächlicher Zahnsubstanz, der nicht durch Karies verursacht sind ? Wir unterscheiden hier zwei Schadensmechanismen, die im schlimmsten Fall kombiniert auftreten können:
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Moderne Zahnerhaltung funktioniert . Immer mehr Menschen behalten immer mehr eigene Zähne bis in hohe Lebensalter. Dieser Erfolg wird für Deutschland durch repräsentative Studien bestätigt, zum Beispiel durch die fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) von 2016. Mehr eigene Zähne im Mund - das ermöglicht Zahnärzten, in weit höherem Maße als früher Zahnersatz anzufertigen, der fest im Mund verankert ist, also Kronen und Brücken anzufertigen, statt wie früher einen herausnehmbaren Zahnersatz herzustellen. Die Lebensqualität der so versorgten Menschen ist höher, der Kaukomfort und die Kauleistung steigen. Dieser Trend wird durch den Einsatz von Zahnimplantaten noch verstärkt, weil diese strategische eingesetzten künstlichen Zahnwurzeln die Möglichkeiten der fest sitzenden Verankerung für Zahnersatz nochmals erweitern. Die Gruppe der Menschen, die zahnlos und mit einer Totalprothese versorgt sind, wird kleiner. Diese erfreuliche Entwicklung hat allerdings auch eine Schattenseite. Wo früher Totalprothesen mit einer "Kukident"-Reinigungstablette über Nacht im Wasserglas auf dem Nachttisch gereinigt werden konnten, müssen nun auch im hohen Alter die eigenen Zähne im Mund gepflegt werden. Mit steigendem Lebensalter treffen zwei Entwicklungen aufeinander: Zum einen steigt mit höherem Alter die Gefahr für Karies gegenüber dem mittleren Alter an. Freiliegende Zahnhälse, vergrößerte Zahnzwischenräume und abgenutzte Schmelzareale sowie eine geringere Speichelproduktion vergrößern die Anfälligkeit für Karies. Einschränkungen bei der Mundhygiene (Beweglichkeit von Schulter, Arm und Fingern, Sehschärfe etc.) begünstigen die Entstehung schädlicher Bakterienbeläge auf den Zahnoberflächen. In besonderem Maße sind Menschen gefährdet, die pflegebedürftig sind und noch eigene Zähne haben. Hier vergrößert sich der allgemeine Pflegebedarf durch die technisch herausfordernde Pflege der Zähne noch einmal deutlich. Und gerade in diesem Bereich gibt es zur Zeit noch die größten Defizite sowie einen hohen Informationsbedarf. Für Angehörige und Pflegende gibt es seit eine sehr informative Informations- und Lernplattform im Internet: https://mund-pflege.net/ Auf dieser vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Plattform werden eine Vielzahl von Informationen und praktische Tipps gegeben. Die Kapitel sind durchgehend bebildert, frei von Werbung und gut verständlich. Ein Blick auf diese Seite lohnt sich für jeden!
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