Neue Richtlinien für Füllungen im Seitenzahnbereich ab 01.01.2025
Nachdem die EU ein europaweites Produktionsverbot für quecksilberhaltige Produkte zum Beginn des Jahres 2025 erlassen hat, sahen sich die Vertreter von Zahnärzteschaft und Krankenkassen genötigt, die Versorgung mit Füllungsmaterialien im Seitenzahnbereich neu zu regeln. Der "gemeinsame Bewertungsauschuss" hat am 2. Oktober 2024 nach wissenschaftlicher Beratung und in Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium die Änderung der entsprechenden Gebührenpositionen 13 a-h des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (gemäß § 87 Abs. 2 und 2h SGB V) beschlossen.
Zu den Hintergründen des Amalgamverbotes durch die EU lesen Sie bitte unseren Blogbeitrag "EU-weiter Amalgam-Ausstieg ab 2025" vom April 2024.
Ziel der Neuregelung war es zu definieren, welche Füllungsmaterialien für gesetzlich Versicherte ab dem 01.01.2025 als "Kassenleistung" zur Verfügung stehen. Diese Regelung sind für Zahnärzte mit "Kassenzulassung" verbindlich.
Was gilt nun im Einzelnen?
- Frontzahnfüllungen werden wie bisher aus "Kunststoff" in Standardtechnik ausgeführt.
- Amalgamfüllungen dürfen nicht mehr gelegt werden.
- Die "Ausnahme-Indikation" für hochwertige Kunststofffüllungen im Seitenzahnbereich für Schwangere und stillende Personen sowie Kinder wird gestrichen! Die entsprechend honorierten Positionen 13e - 13h entfallen.
- Im Seitenzahnbereich sind für alle Patienten nun "selbstadhäsive Füllungsmaterialien" vorgesehen. Dies sind verschiedene Arten von Glasionomerzementen.
- Wenn Patienten im Seitenzahnbereich eine höherwertige Versorgung wünschen, können Sie im Rahmen der Mehrkostenregelung auch mit Keramikfüllungen versorgt werden. Sie müssen die Mehrkosten allerdings selber tragen.
- Bei sehr ausgedehnten Defekten kommen wie bisher die Versorgung mit einer Teilkrone oder Krone in Betracht. Auch hierbei gibt Unterschiede in der Ausführung: Die Standardversorgung ist eine Teilkrone aus Metall, ästhetisch höherwertig ist eine vollkeramische Teilkrone. Ähnlich verhält es sich mit Kronen.
Was sind die Unterschiede zwischen Zementfüllungen und Keramikfüllungen?
Zementfüllungen bestehen aus mineralischen Glaspartikeln und Polyacylsäure, die miteinander zu einem festen Zement reagieren. Moderne Varianten haben zudem noch eine verstärkende Kunststoffmatrix. Sie werden mit einer einfachen Technik, d. h. ohne spezielle Klebetechnik in den Zahn eingebracht. Sie haben eine helle, aber nicht komplett zahnähnliche Farbe und sind mechanisch nicht so haltbar wie andere Materialien. Es muss also damit gerechnet werden, dass diese Füllungen öfter erneuert werden müssen. Sehr große Defekte lassen sich mit diesen Materialien nicht versorgen. Kassenleistung ist in diesen Fällen eine Teilkrone aus einer silbrig-schimmernden Chrom-Kobalt-Molybdän-Legierung.
Zementfüllungen sind Bestandteil der kassenärztlichen Versorgung und daher immer für den Patienten kostenfrei.
Keramikfüllungen (auch Kompositfüllungen genannt) bestehen zu ca. 80% aus keramischen Füllkörpern, die in einer Kunststoffmatrix eingelagert sind und zunächst eine Marzipan-ähnliche Konsistenz haben. Nachdem der Zahn mit einer speziellen Klebetechnik vorbehandelt wurde, wird dieses Material in kleinen Portionen eingebracht und diese Portionen dann separat lichtgehärtet. Durch die Lichthärtung verbinden sich die Elemente der Kunststoffmatrix zu einem stabilen Netzwerk, in dem die hochfesten feinen Keramikpartikel eingelagert sind. Diese Technik ist deutlich zeitaufwändiger und techniksensitiver als die einer Zementfüllung. Die aus der Verbindung von Material, Klebetechnik und Lichthärtung hervorgegangenen Füllungen zeichnen sich durch folgende Vorteile aus:
- Sie sind hoch ästhetisch, da individuell zahnfarben und transluzent.
- Sie sind in sich sehr stabil und abriebfest und bewahren ihre Form jahrelang.
- Sie sind deutlich bruchfester als Zementfüllungen, es können auch größere Defekte versorgt werden.
- Sie können die verbliebene Zahnsubstanz durch die Verklebung stabilisieren.
- Sie schonen die eigene Zahnsubstanz, da sie seltener als Zementfüllungen erneuert werden müssen und oft die Anfertigung einer Teilkrone oder Krone überflüssig machen.
Wenn Keramikfüllungen besser sind, warum zahlt sie die Krankenkasse dann nicht?
Der Gesetzgeber in Gestalt des Bundesgesundheitsministeriums versucht die Kostensteigerung im Gesundheitswesen zu begrenzen. Eine generelle Freigabe der bisherigen Positionen 13e bis h (=> der bisherigen Kassen-Keramikfüllungen für einen stark eingeschränkten Personenkreis) für alle Versicherten wäre aus Sicht des Ministeriums nicht finanzierbar gewesen. Der gemeinsame Bewertungsausschuss wurde angewiesen, eine möglichst kostenneutrale Umsetzung der EU-Richtline zu beschließen.
Die Versicherten selbst sind nun in die Pflicht genommen, nach Beratung durch Ihren Behandler zu entscheiden, welche Versorgung für Sie die richtige ist. Die Kosten für Keramikfüllungen sind je nach Füllungsgröße gestaffelt und liegen in unserer Praxis zwischen 30 und 100.-€. Große Keramikfüllungen sind somit günstiger als eine Teilkrone aus Metall. Entsteht durch einen hohen Behandlungsbedarf eine größere Kostenbelastung, können auch Ratenzahlungen vereinbart werden. Individuell zu prüfen ist, ob Zahnzusatzversicherungen eventuell die Kosten für eine höherwertige Füllungstechnik übernehmen.
Getreu dem Motto unserer Praxis ist die Prophylaxe natürlich die beste Form der Versorgung. Durch die Kombination aus gesunder Ernährung, guter häuslicher Mundhygiene, Fluoridanwendung und professioneller Zahnreinigung können wir dazu beitragen, dass weniger und kleinere Defekte entstehen und die eigenen Zähne lange erhalten bleiben!
Ihre Praxis für Zahnerhaltung
Dr. Gudrun Flechsig und Dr. Tilman Flechsig

