von Tilman Flechsig
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2. Februar 2023
" Unverantwortlich: Immer noch Titandioxid in Kinderzahnpasta " - so lautet der etwas reißerische Titel der online-Veröffentlichung der Zeitschrift Öko-Test zu ihrem aktuellen Testbericht über die Inhaltsstoffe von Kinderzahnpasten. Zu lesen unter: https://www.oekotest.de/freizeit-technik/Unverantwortlich-Immer-noch-Titandioxid-in-Kinderzahnpasta_13489_1.html Doch besteht hier wirklich die reale Gefahr einer drohenden Erbgutschädigung für unsere Kinder durch Zahnpasta? Über Inhaltsstoffe von Zahnpasten lässt sich lange diskutieren. Insbesondere bei Zahnpasten für Kinder ist der Verbraucher heute sehr kritisch und hinterfragt ihren Nutzen bzw. wägt ein schädliches Potential dagegen ab. Grundsätzlich gilt : => Kinderzähne sollten ab dem ersten Zahn von den Eltern 2 x täglich von allen Seiten sauber geputzt werden. => Die Schutzwirkung fluoridierter Zahnpasta ist höher als die Kombination von Fluoridtabletten und fluoridfreier Zahnpasta und diese höher als die alleinige Anwendung von fluoridfreier Zahnpasta. => Die Fluoridkonzentration, die die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendzahnheilkunde empfiehlt, sind: 0-2 Jahre: "Erbse" mit 500 ppm Fluorid oder "Reiskorn" mit 1000 ppm Fluorid 3-6 Jahre: "Erbse" mit 1000 ppm Fluorid ab 7 Jahre" "Erbse" in der Erwachsennenkonzentration von 1450 ppm Fluorid Lesen Sie hierzu auch unseren Betrag " Zeitschrift Öko-Test testet Kinderzahnpasten " aus dem Jahr 2021. => Das Schadenspotential bei sinnvoller Anwendung (kleine Menge) eines handelsüblichen Produktes dürfte äußerst gering sein. Bedenken Sie immer, dass Speisereste und aggressive Bakterien das Zahnfleisch ebenso "chemisch" reizen und schädliche Auswirkungen (Entzündungen, Karies, Schmerzen, eingeschränkte Nahrungsaufnahme etc.) verursachen. => Derzeit werden folgende Inhaltsstoffe von Kinderzahnpasten kritisch diskutiert: + SLS-Schaumbildner (= Natriumlaurylsulfat) kann in höheren Dosierungen die Schleimhaut reizen, es gibt mit den Betainen weniger aggressive Alternativen. + PEG (Polyethylenglycol) und seine Derivate sind Feuchthaltemittel, die die Konsistenz der Zahnpasta optimieren. Das sie die Schleimhaut durchlässiger für Giftstoffe machen und das dies messbare Folgen hat, ist allerdings nicht so eindeutig. Ich kenne hierzu keine Studie. + Triclosan ist ein keimtötender Zusatz, der nur in sehr speziellen Fällen sinnvoll wäre und sich in keiner mir bekannten Kinderzahnpasta mehr befindet. + Bleichmittel zur Zahnaufhellung haben in Kinderzahnpasten nichts verloren und sind dort auch nicht enthalten. + Kunststoff-Mikrokügelchen sind als "schonender" Abriebstoff inzwischen von unbedenklichen Silika-Putzkörpern abgelöst worden und nicht mehr in Kinderzahnpasten zu finden. + Titandioxid ist im Zusammenhang mit einer EU-Verordnung zu Feinstäuben oder Nanopartikeln in der Nahrung in den Focus geraten. Lesen Sie hierzu unseren Blog " Titandioxid in Zahnpasten ". Derzeit würde ich Titandioxid mit einer Partikelgröße von größer als 1 µm als unbedenklich, aber auch unnötig bezeichnen. Auf keinen Fall kann aus den derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Daten geschlossen werden, dass durch diesen Farbstoff in Zahnpasten die Krebsgefahr steigen würde. Es ist also kein Skandal, wenn immer noch Titandioxid in Erwachsenen- oder Kinderzahnpasten zu finden ist, sondern eher unnötig. "Größere Mengen" an Zahnpasta sollten Kinder niemals verschlucken können, da es Aufgabe der Eltern ist, die entsprechende Menge zu portionieren. Wir brauchen die "schöne" weiße Färbung der Zahnpasta nicht wirklich; ob sie diese als Kunde bevorzugen, können Sie am obrigen Bild selber testen. + Blei ist weder im Lebensmittelbereich noch im Bereich der Kosmetik (zu dem die Zahnpasten gehören) zugelassen. Es ist eine giftige Verunreinigung und kein zugelassener Inhaltsstoff. Aktuell: Die Zeitschrift Ökotest hat nun 24 Baby- und Kinderzahncremes geprüft. Vier erhielten die Bestnote, in fünf Pasten steckt der von der Zeitschrift als bedenklich eingestufte umstrittene Stoff Titandioxid, in einer Blei. Unter den 24 getesteten Zahnpasten sind sieben zertifizierte Naturkosmetikprodukte und sieben Pasten ohne Fluorid. Zu den Test-Gewinnern mit der Bestnote „sehr gut“ gehört das Kids Zahngel mit Erdbeer-Himbeer-Geschmack von Bevola Naturals, erhältlich bei Kaufland. Mit 1,73 Euro pro 50 Milliliter bewegt es sich preislich im Mittelfeld, gilt aber auch als Naturkosmetikprodukt. Insgesamt fünf Produkte fallen mit „ ungenügend “ durch, weil sie den von Ökotest als gesundheitsschädlich eingestuften Zusatzstoff Titandioxid ( auf der Packung Kürzel "CI 77891") enthalten. Die Autoren schließen aus der Tatsache, dass die EU Titandioxid seit 2 Jahren als Lebensmittelzusatz verboten hat (dort heißt es E171 ), dass eine Gefahr für Kinder besteht. Die Begründung der Autoren ist, dass die Kinder größere Mengen an Zahnpasta schlucken würden. Das wird hoffentlich durch die sinnvolle Dosierung durch die Eltern begrenzt. Dass Titandioxid direkt das Erbgut schädigt, ist eine sehr steile These der Autoren, die wissenschaftlich nicht belegt ist. Versuche an Mäusen, die über einen längeren Zeitraum mit Titandioxid in Nanopartikelgröße gefüttert wurden, zeigten, dass diese Mäuse Entzündungen im Darm entwickelten. Hierdurch kann theoretisch wie bei jeder chronischen Darmentzündung die Krebsgefahr steigen. Es gibt aber keine derartigen Beobachtungen an Menschen und deshalb nur die Empfehlung, dass Menschen mit bereits bestehenden chronischen Darmentzündungen diesen Stoff meiden sollen. Die Ableitung "Titandioxid = Nanopartikel = Darmentzündung = Krebs" ist eine absurde Vereinfachung, die suggeriert, dass Titandioxid die "intrinsische" Eigenschaft hat, Krebs zu erzeugen. Wenn das so wäre, würde niemand mehr diese Zeilen lesen können, wenn wir die Allgegenwart dieses Stoffes in Farben / Lacken / Tabletten / Lebensmitteln / Kaugummi / Sonnencreme / Papier und vielem mehr bedenken. Das Blend-a-Med Blendi Gel mit Erdbeergeschmack, Odol- Med 3 „Erste Zähne“, Odol-Med 3 Milchzahn „Milde Minze“, Putzi Kinderzahngel und Today Dent Kids Milchzähne fallen durch. Die Ben & Anna Zahnpasta Strawberry Fluoride For Kids , die mit 3,50 Euro pro 50 Milliliter ein teures Produkt und in der Kategorie „zertifizierte Naturkosmetik“ einsortiert ist, erhält „ungenügend“, weil Blei gefunden wurde. Mit „ gut “ sind die Eurodont Kinder Zahncreme mit Bubblegum Geschmack von Aldi, die One Drop Only Kinder-Zahnpasta mit Himbeer-Geschmack und die Sensident Kids Zahncreme, Himbeer-Geschmack von Müller bewertet. Produkte von Elmex, Karex, NUK und Signal liegen im Mittelfeld. Ab sechs Jahren können sich Kinder laut Autoren mit einer Universalzahncreme ohne Zinkzusatz oder mit einer milder schmeckenden Junior Zahncreme die Zähne putzen. Aktuell hat Ökotest im Labor untersucht, ob der Fluoridgehalt der Produkte tatsächlich im deklarierten Bereich liegt – was bei allen der Fall ist. Mein Fazit : Titandioxid in (Kinder-)Zahnpasten ist unnötig und kann ohne Probleme weggelassen werden. Er ist deklarationspflichtig und wird auf der Packung angegeben. Schauen Sie auf die Packung und suchen Sie die Bezeichnung CI 77891, wenn Sie den Inhaltsstoff vermeiden wollen. Die Beschränkungen für Titandioxid im Lebensmittelbereich (hier geht es um ganz andere Mengen des Stoffes) sind eine Vorsichtsmaßnahme der EU und nicht als "Beweis" für eine Gefährlichkeit des Farbstoffes in kleinsten Mengen zu interpretieren. Die Zeitschrift Öko-Test hat leider keine Untersuchungen zur Gesamtmenge und Partikelgröße des Titandioxids in Zahnpasten vorgenommen (Stichwort mikro oder nano?). Achten Sie bitte weiterhin auf die Zahngesundheit Ihrer Kinder und verwenden Sie eine fluoridhaltige Zahncreme.