Professionelle Zahnreinigung

Was ist eine professionelle Zahnreinigung?

Unter einer professionellen Zahnreinigung (PZR) versteht man die Entfernung von Verfärbungen, weichen und harten Zahnbelägen sowie die Glättung und Politur von Zahnoberflächen durch geschultes medizinisches Personal. Hierbei werden je nach Indikation ganz unterschiedliche Instrumente wie Handinstrumente, Polierkelche, Schall- und Ultraschallscaler oder Pulver-Wasserstrahlgeräte (PWS) eingesetzt.

Die professionelle Zahnreinigung ist in der Regel Teil einer längeren Prophylaxesitzung, die der Vermeidung oder Besserung einer Erkrankung (Karies, Gingivitis, Parodontitis) dient.
Die "technische" Reinigung wird also in der Regel durch weitere Maßnahmen ergänzt, z. B.: die zahnärztliche  Kontrolluntersuchung, eine individuelle Mundhygieneschulung oder eine Intensivfluoridierung. Eine solche Sitzung dauert bei Erwachsenen in der Regel eine Stunde ("
Prophylaxestunde").

Das medizinisch empfohlene Intervall zwischen zwei Prophylaxesitzungen richtet sich nach der patientenindividuellen Indikation, der Schwere der Erkrankung, dem Alter und dem Vorliegen spezieller Risikofaktoren. Jenseits medizinischer Gründe spielen in der Praxis die Bereitschaft des Patienten zur Mitarbeit und oftmals auch die mögliche Kostenübernahme durch eine Krankenversicherung eine bedeutende Rolle.


Die folgenden Beispiele sollen zeigen, wie unterschiedlich Prophylaxesitzungen gestaltet werden müssen. Eine professionelle Zahnreinigung ist immer Bestandteil einer solchen Behandlung, kann aber sehr unterschiedlich ausfallen:


  •  hauptsächlich ästhetisch motivierte Entfernung von medizinisch harmlosen Verfärbungen (Raucher, Teetrinker etc.)

  • medizinisch indizierte Belagsentfernung und Oberflächenpolitur vor der Intensivfluoridierung bei einem hoch kariesaktiven Kind

  • Vorbereitungssitzung in der Hygienisierungsphase bei einem Menschen mit schwerer Parodontitis und massiven harten Auflagerungen auf allen Zahn- und Wurzeloberflächen

  • Parodontale Erhaltungstherapie bei dem selben Menschen nach abgeschossener Hauptbehandlung und bei perfekter häuslicher Mitarbeit durch den Patienten


An diesen wenigen Beispielen wird klar, dass nicht jede professionelle Zahnreinigung gleich aussieht. Es handelt sich um eine individuelle medizinische Leistung und eine Investition in Gesundheit. Die Kosten für die Prophylaxe bei gesetzlich versicherten Kindern werden größtenteils von der Krankenkasse übernommen. Bei Erwachsenen (> 18 J.) richten sie sich nach der Art der Sitzung und der Zahl der vorhandenen Zähne. 


"Braucht wirklich jeder Mensch  eine engmaschige regelmäßige professionelle Zahnreinigung?"

Ääähhh - Nein!

Grundsätzlich kann jeder geschickte Mitmensch, der eine optimierte Mundhygiene erlernt hat, seine weichen Zahn- und Zungenbeläge (den " bakteriellen Biofilm") oberhalb des Zahnfleischsaumes selbst entfernen. Auch eine regelmäßige Basisfluoridierung der so gereinigten Zahnoberflächen ist durch entsprechende Zahnpasta bzw. auch durch fluoridiertes Speisesalz problemlos möglich. Eine kauaktive zahngesunde Ernährung rundet das Ergebnis hervorragend ab. In diesem Fall müsste das Kariesrisiko / die Anzahl der existierenden Zahnfüllungen dann bei "Null" liegen.


Allerdings gibt es viele individuelle Faktoren, die den so beschriebenen Idealzustand "verunmöglichen".
Beispiele hierfür sind:

  • Sehr eng oder verschachtelt stehende Zähne, Zahnersatz oder festsitzende kieferorthopädische Apparaturen ("Brackets")  erschweren die häusliche Mundhygiene.
  • Eine geringe oder mineralarme Speichelproduktion verhindert die natürliche Bakterienabwehr an der Schleimhaut und die Remineralisierung der Zähne. Auch verschiedene Medikamente können diesen Effekt bewirken.
  • Fehlende Motivation zur Mundhygiene in der pubertären Phase bei Kindern/Jugendlichen.
  • Nachlassende Sehfähigkeit und manuelle Geschicklichkeit bei Senioren und durch diverse Erkrankungen.
  • Hochriskante Ernährungs- und Genussgewohnheiten (Zuckeraufnahme, stark saure Getränke, Rauchen etc.) können nicht abgestellt werden und erhöhen das Erkrankungsrisiko deutlich.
  • Eine genetische Disposition für eine "aggressive Zahnbetterkrankung" senkt die Schwelle, ab der eine bakterielle Besiedlung Schaden anrichtet.
  • Verschiedene Grunderkrankungen (insbesondere Diabetes) senken die körpereigene Abwehr gegen Bakterien in der Mundhöhle.
  • "Resttaschen" über 2 mm Tiefe nach  einer erfolgreichen Behandlung einer Zahnbetterkrankung ("Parodontitis") können mit häuslichen Mitteln nicht erreicht werden.
  • Zahnimplantate stellen für Bakterien eine leichter angreifbare Durchtrittsstelle zum Körperinneren dar.
  • Der "innere Schweinehund" hat die optimale Mundhygiene erfolgreich sabotiert.


Ob eine professionelle Zahnreinigung sinnvoll ist und im Rahmen welches Konzeptes sie erbracht werden soll, hängt also vom Einzelfall ab und sollte nach einer Untersuchung durch den Zahnarzt geplant werden.


Daumenregel zur Häufigkeit von Prophylaxesitzungen:


  • Menschen mit  geringem Erkrankungsrisiko kommen mit einem "Auffrischungstermin" - ein Mal im Jahr - aus.


  • Menschen mit einer speziellen Krankengeschichte (viel Karies, viele Füllungen, Kronen, Zahnersatz oder Knochenrückgang) sollten spätestens alle 6 Monate zur Prophylaxe kommen.

  • Menschen mit einer schweren chronischen Zahnbetterkrankung (Parodontitis) oder hohem Kariesrisiko sollten alle 3-4 Monate zur Prophylaxe kommen.


  • Kürzere Abstände können im Rahmen einer Vorbehandlung vor einer systematischen Parodontitisbehandlung oder beim Wiedereinstieg nach längerer Pause sinnvoll sein.


Was ist das Ziel einer Prophylaxesitzung, deren Bestandteil eine professionelle Zahnreinigung ist?

Meine Zähne kann ich doch selbst putzen!

Um es noch ein Mal zu betonen: Die professionelle Zahnreinigung soll nicht die häusliche Mundhygiene ersetzen!


Folgende Ziele werden in einer professionellen Prophylaxesitzung angestrebt:


  • Bestandsaufnahme: Der "Ist-Zustand" des Gebisses und das Ergebnis der bisherigen Mundhygiene werden festgestellt.


  • Desensibilisierung: In Einzelfällen, d. h. bei sehr empfindlichen freiliegenden Zahnhälsen, erfolgt zunächst eine desensibilisierende Benetzung des Zahnhälse durch eine argininhaltige Paste.

  • Individuelles Mundhygienetraining: Auch wer gut putzt, kann noch besser werden. Außerdem verändern sich die Verhältnisse in der Mundhöhle im Laufe des Lebens , weswegen manchmal Umstellungen bei der Mundhygiene erforderlich sind.

  • Ernährungsberatung: Auch wenn unsere Fachkräfte keine ausgebildeten Ernährungsberater sind, spielen Tipps rund um eine zahngesunde Ernährung im Rahmen der Prophylaxe eine wichtige Rolle.


  • Es sollen hygienefähige Oberflächen für die häusliche Mundhygiene geschaffen werden. Das bezieht sich auf alle erreichbaren Zahnoberflächen oberhalb des Zahnfleischsaumes sowie den Zungenrücken. Zahnsteinauflagerungen oder raue Oberflächen verhindern, dass ich mit meiner Zahnbürste  zu Hause alle Beläge effektiv entfernen kann. Logischerweise müssen nicht alle Oberflächen, die schon einmal perfekt poliert wurden, in jeder Sitzung mit den gleichen Geräten und dem gleichen Aufwand nachgearbeitet werden. Das würde zu unnötigem Substanzverlust an den Zähnen führen - gerade deshalb sollte eine Zahnreinigung von einem Profi durchgeführt werden!

  • Auf sauberen Oberflächen kann ein optimale Intensivfluoridierung erreicht werden. In Einzelfällen können auch antibakterielle Lacke auf besonders gefährdete Bereiche aufgetragen werden.

  • Die der häuslichen Mundhygiene nicht zugänglichen schleimhautbedeckten Wurzeloberflächen werden kontrolliert. Sie werden von harten Auflagerungen befreit und ggf. geglättet.  Diese Auflagerungen heißen Konkremente und sind noch härter und fester anhaftend als Zahnstein. Oftmals bilden sie in 2 mm Tiefe der Zahnfleischtasche einen "Balkon", unter dem sich Millionen von Bakterien tummeln und vor jeder Zahnbürste geschützt sind.

  • Die komplette Entfernung des schädlichen Biofilms von Zahnoberflächen oberhalb und auch unterhalb des Zahnfleischsaumes mit Pulver-Wasserstrahlgeräten hat sich in den letzten Jahren wissenschaftlich etabliert. Sie ist schonend und komfortabel. Hierdurch ergeben sich eine Reihe positiver Effekte:

  • Entzündlich geschwollenes Zahnfleisch schwillt ab und gibt Zahnoberfächen frei, die nun wieder der häuslichen Mundhygiene offenstehen.
  • Der Übertritt von zerkleinerten Bakterienfragmenten in die Blutbahn führt zu einem Immunboost, der die körpereigene Abwehr gegen aggressive Mundbakterien für ca. drei Monate verbessert.
  • Durch die vollständige Säuberung wird die Wurzeloberfläche wieder "biologisch akzeptabel" für den Körper: Es kommt zur neuen Ausbildung eines "biologischen Siegels" durch "Reattachment" des Gewebes um den Zahn.  Die Belastung des Körpers durch die Bakterieninvasion über entzündlich veränderte undichte Schleimhäute wird gestoppt. Leider hält dieser Effekt nur einen begrenzten Zeitraum an, was bei Parodontitis-Betroffenen zu der Notwendigkeit individueller Recallintervalle (3-6 Monate) führt.
  • Die vollständig gereinigten Zähne können nun erst  optimal fluoridiert werden, da die Zahnoberflächen in den Nischen und Problembereichen nun nicht mehr von einer dicken Schicht aus Bakterienschleim bedeckt sind.



Welche technischen Prinzipien liegen der professionellen Zahnreinigung zugrunde?

Eine professionelle Zahnreinigung muss bedarfsgerecht,

schonend und gleichzeitig effektiv sein. Im Laufe der letzten Jahrzehnte sind die Techniken hierzu immer weiter entwickelt worden.

Zunächst dominierten verschiedene schabend arbeitende Handinstrumente und rotierende Bürsten oder Kelche, die mit Pasten unterschiedlicher Körnung verwendet wurden. Zwischen den Zähnen kamen dünne Polierstreifen zum Einsatz. Die schabenden Handinstrumente können an den weichen Wurzeloberflächen bei regelmäßiger Anwendung allerdings einen messbaren Substanzverlust verursachen. Deshalb wurde nach schonenderen Alternativen gesucht.

Eine kleine Revolution löste die Entwicklung von schall- oder ultraschallbetriebenen Instrumenten aus , mit denen die Entfernung von harten Zahnauflagerungen schonender und effektiver wurde. Diese Instrumente sind deutlich graziler als Handinstrumente und können im Rahmen der Prophylaxe von geschultem Personal sogar innerhalb der Zahnfleischtaschen, also unterhalb des Zahnfleischsaumes, eingesetzt werden. Der Substanzverlust am Zahn ist viel geringer als bei Handinstrumenten und es ergibt sich ein guter Poliereffekt auf der Wurzeloberfläche. Heutzutage kennt jeder Patient den  Nebeneffekt dieser Methode; das etwas nervende Schwingungsgeräusch wie bei einer zu hohen Stimmgabel. Die Grazilität der Ansätze, die individuell einstellbare Energiemenge verbunden mit der kontinuierlichen Spülung des Arbeitsgebietes sorgen für einen sehr guten Reinigungseffekt in Zahnfleischtaschen bis zu bis zu 5 mm Tiefe.


Der große Erfolg dieser Technologie und die Etablierung einer kontinuierlichen Nachsorge (Recall) führt dazu, dass eine Reihe von Patienten erfreulicherweise kaum noch harte Zahnbeläge haben. Bei der Routineuntersuchung dieser Menschen finden sich weiche Beläge nur noch in Nischenbereichen , nur wenig Zahnstein (oberhalb des Zahnfleisches, bildet sich schnell)  und fast gar keine Konkremente (unterhalb des Zahnfleisches, bilden sich sehr langsam) mehr.

In den Focus rückt nun der entzündungsauslösende Biofilm, der Nischen zwischen den Zähnen, unter Brücken und unterhalb des Zahnfleischsaumes besiedelt. Um diesen zu entfernen braucht es allerdings nicht unbedingt ultraschall-betriebene Instrumente (die das auch wunderbar können). Deshalb wurden Pulver-Wasserstrahlgeräte (PWS) entwickelt, deren feinkörniges und relativ weiches Strahlmittel Glycin den Biofilm komplett entfernen kann, ohne irgendeinen Substanzverlust am Zahn zu verursachen.

Bei einer PZR beim Erwachsenen werden bedarfsgerecht die verschiedenen Methoden kombiniert. Dabei verfolgen wir mehrere Strategien:

  • "Von oben nach unten"
    bedeutet z. B., dass zunächst Zahnstein mit entsprechenden Instrumenten entfernt werden muss, um an die darunter liegenden Bereiche gelangen zu können
  • "Von grob nach fein"
    bedeutet z. B., dass erst eine grobe Unebenheit geglättet werden solle, bevor eine Feinpolitur sinnvoll ist.
  • "Schonung vor Effektivität"
    bedeutet, dass wir berücksichtigen, dass verlorene Zahnsubstanz nicht nachwächst. Ein feiner Biofilm lässt sich selbstverständlich mit sehr vielen Instrumenten entfernen - wir wählen aber immer die schonendste Methode, die möglich ist.


Entfernung des Biofilms durch Pulver-Wasserstrahl-Geräte (PWS)

Wenn harte Zahnauflagerungen (Zahnstein, Konkremente) oder Rauigkeiten nicht vorhanden oder schon beseitigt worden sind, kann die Entfernung des Biofilms mit modernen Pulver-Wasserstrahlgeräten erfolgen. Das Strahlmittel ist hier z. B.: Glycin, eine leicht süßlich schmeckende Aminosäure in Form von feinem Pulver (25 µm Korngröße, Mooshärte 2). Dies ist einerseits fest genug, um den klebrigen Biofilm restlos von den Zahn- und Wurzeloberflächen zu entfernen, andererseits aber so weich, dass keinerlei Zahnsubstanz abgetragen wird. Nach dem Auftreffen auf den Zahn löst sich die Aminosäure im Wasser auf und wird abgesaugt. Der Pulverstrahl wird direkt in die Tasche in einem steilen Winkel geführt und kann einen Bereich von bis zu 5 mm unter dem Zahnfleisch säubern.

Diese Methode darf nicht mit dem "Sandstrahlen", einer Technik zur Erzeugung von Rauigkeiten mit dem Ziel einer besseren Haftung von Kunststoff auf Zähnen, verwechselt werden. Unterschiede bestehen ebenfalls zur Methode des "Salzstrahlens",  bei der mit verschiedenen Salzen (Natriumbicarbonat u. ä. ) Verfärbungen rein oberhalb des Zahnfleisches entfernt werden können. Hierbei ist leider ein etwas unangenehmer Salzgeschmack wahrnehmbar, auch entsteht bei dieser Methode oft ein brennendes Gefühl am Zahnfleisch. Sie ist allerdings auch sehr effektiv für die Entfernung von sichtbaren Verfärbungen bei Rauchern.


Wir verwenden deshalb den Begriff "Feinstrahlen" für die moderne und extrem schonende Entfernung des bakteriellen Biofilms mit PWS und Glycinkristallen. Sie trägt keinerlei Zahnsubstanz ab - theoretisch könnten Sie also jede Woche zu dieser Form der Zahnreinigung kommen (was medizinisch aber nicht sinnvoll ist).



Besondere Anforderungen bei Keramikoberflächen am Zahnersatz und Implantatoberflächen

Keramikoberfächen von Kronen oder Brücken müssen insbesondere im Bereich des Zahnhalses mit Vorsicht bearbeitet werden, da es bei der Verwendung von maschinell betriebenen Metallscalern durch die große Oberflächenhärte der Keramik zum Auftreten von metallischen Abriebspuren kommen kann.


Besonderes Augenmerk erfordern auch Keramik- oder Titanoberflächen von Implantaten. Diese müssen unter Wahrung ihrer Oberflächenstruktur schonend gereinigt werden. Hierbei kommen die oben beschriebenen Feinstrahlgeräte oder auch schallbetriebene Kunstoffinstrumente zur Anwendung.


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