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Warum verwenden wir immer noch Plastikbecher in der Praxis?

Tilman Flechsig • 19. April 2024

Wie geht Umweltschutz in der Praxis?

Umweltschutz und die Schonung von Resourcen sind zwei Herausforderungen, die uns nicht nur privat, sondern auch beruflich fordern. Oft ist der "ökologische Fußabdruck", den wir hinterlassen, bei der Arbeit deutlich größer als der private. Allerdings werden dort viele gute Ansätze und Ideen von den geltenden Regulierungen und Vorschriften im Keim erstickt.


Ein kleines Beispiel aus der Praxis sind unsere Plastikbecher, die für jeden Patienten neu aufgestellt werden und ein "Einmalprodukt sind. Also ex und hopp in die gelbe Tonne. Im Laufe der Woche kommt da schon einiges zusammen. Ein Becher kostet etwa 1,7 Cent. Natürlich haben wir uns gefragt, ob es nicht auch anders geht.


Idee Nr. 1: Wiederverwendbare Becher aus hochwertigem Kunststoff (Resopal)


Es gibt sehr bruchsichere und schöne Becher aus "Resopal"-Kunststoff, die prinzipiell für den Einsatz in einer Zahnarztpraxis gut geeignet wären. Die Sache hat aber einen Haken: Jeder Gegenstand, der in unserer Behandlung zu Anwendung kommt, insbesondere wenn er den Patienten berührt, ist ein Medizinprodukt und unterliegt somit strengen Anforderungen in Bezug auf die Hygiene. Wird er ein zweites Mal verwendet, muss er nach festen Richtlinien aufbereitet werden (=> "wiederverwendbares Medizinprodukt"). Hierfür wird er Gegenstand seiner Risikogruppe gemäß klassifiziert, im Falle des Bechers in die Gruppe "semikritisch A", weil er in Kontakt mit der Schleimhaut des Patienten kommt. Wir dürfen den Becher nicht einfach mit Schwamm und Spülmittel säubern, wie wir es zu Hause mit einer Teetasse tun würden. Auch ist es nicht möglich, diese Becher in einer handelsüblichen Spülmaschine zu reinigen. Für die Medizinprodukte der Klasse "semikritisch B" ist eine maschinelle Aufbereitung in einem "Thermodesinfektor" vorgeschrieben. Das ist ein Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG), welches über eine generelle Zulassung, jährliche Inspektion und jährliche Validierung einer Spezialfirma verfügt. Dieses Gerät ist im Prinzip eine Spülmaschine, benutzt aber aggressivere Chemikalien und höhere Temperaturen als diese. Das kostet viel Energie und Chemie und verbraucht die entsprechenden Ressourcen. Bei der großen Zahl an Bechern, die wir am Tag benötigen, ist mindesten ein zusätzlicher Durchlauf des Gerätes erforderlich. Außerdem müssen die Mitarbeiter die Becher sammeln, lagern, transportieren und das "RDG" ein- bzw. ausräumen. Für alle diese Tätigkeiten gibt es exakte behördliche Vorschriften, die mittels schriftlicher Arbeitsanweisung durchgeführt und im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems auch kontrolliert und dokumentiert werden müssen. Bei den steigenden Personal-, Energie- und Materialkosten ist das um ein vielfaches teurer als die entsprechenden Becher als Einmalartikel zu kaufen.  Zudem verbraucht der aufwendige Aufbereitungsvorgang mehr Energie, als zur Herstellung der Becher erforderlich ist.

Fazit: Eine sehr sympathische Idee, aber leider weder umweltschonend noch praktikabel.


Idee Nr. 2: Einmalbecher aus Pappe


Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von Einmalbechern aus Pappe. Diese kosten zwar fast das Doppelte wie Plastikbecher, sind aber mit 3 Cent pro Becher durchaus erschwinglich. Und Papier wird ja bekanntlich recycelt, die Idee klingt also umweltfreundlich. Allerdings kamen mir gleich leichte Zweifel: Bestehen diese Becher wirklich nur aus Pappe? Warum weichen sie dann nicht durch, wenn sie voller Wasser sind?

Des Rätsels Lösung: Diese Becher sind auf der Innenseite mit LDPE, einem weichen Polyethylen-Kunststoff beschichtet. Es handelt sich also um einen "Hybridwerkstoff", bei dessen Recycling erst die Papierfasern von dem Barrierematerial entfernt werden  müsste. Diese Becher müssen sortenrein und vom normalen Papier getrennt gesammelt werden. Nur: Wo steht die nächste auf diese Becher spezialisierte Recyclinganlage? Große Schnellrestaurant-Ketten können natürlich ihren Abfall entsprechend trennen und das Recycling selbst organisieren. Unsere Praxis müsste diese Becher aber genauso wie Plastikbecher in der gelben Tonne entsorgen.

Es gibt auch Pappbecher mit Beschichtungen aus Polylactiden (PLA). Polylactide sind Kunststoffe, die zur Gruppe der Polyester gehören und theoretisch biologisch abbaubar sind. Allerdings geschieht dies außerhalb spezieller Kompostieranlagen in der Natur nur sehr langsam. Auch wird der Abbauprozess durch weitere Copolymere oft behindert. Auch bei diesen Bechern gilt: Wenn wir sie nicht getrennt sammeln und einer speziellen Aufbereitung bzw. Kompostieranlage zuführen (die es in unserer Gegend nicht gibt), haben wir nur eine weitere Quelle für Mikroplastik geschaffen. Verbrennen (=> "thermisch verwerten") kann man diese Becher natürlich wie jeden Plastikbecher auch.


Eine dritte Methode der Beschichtung von Pappbechern ist die Verwendung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS). Diese sind Industriechemikalien, die seit Mitte des 20. Jahrhunderts hergestellt und aufgrund ihrer besonderen technischen Eigenschaften (wasser-, fett- und schmutzabweisend) in vielen industriellen Prozessen und Verbraucherprodukten eingesetzt werden. Sie finden sich nicht nur in Textilien, Antihaft-Pfannen, Elektronikgeräten und Kosmetika, sondern werden auch zur Oberflächenbehandlung von Metallen, Kunststoffen und Papier (also Trinkbechern) verwendet, teilt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einer aktuellen Stellungnahme mit.  Besonders problematisch ist, dass sie in der Natur praktisch überhaupt nicht abbaubar sind und deshalb auch als "Ewigkeitschemikalien" betzeichnet werden müssen. Sie können sich in der Natur wie auch in Organismen anreichern und sind beim Ereichen höherer Konzentrationen möglicherweise gesundheitsschädlich. Allein dies ist ein guter Grund, sie möglichst zurückhaltend und nur für langlebige Produkte einzusetzen, sicher aber nicht für einen Einmalbecher in einer Zahnarztpraxis.

Eine besondere Eigenschaft der PFAS ist, dass sie sowohl wasser- als auch ölabweisend sind. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät zu folgendem Test: Wenn Wasser und auch Öl auf einer Papier- oder Pappoberfläche dauerhaft einen runden Tropfen bildet und nicht einsickert, handelt es sich vermutlich um eine PFAS-Beschichtung.


Weil es keine spezielle Kennzeichnungspflicht für die Art der Beschichtung gibt, können wir bei den Angeboten für  Pappbecher nicht nachvollziehen, womit sie nun eigentlich beschichtet sind.


Fazit: Beschichtete Pappbecher sind eine ökologische Mogelpackung. Sie bieten keine Vorteile gegenüber den Kunststoffbechern. Der Müll bleibt, nur ist er komplizierter aufzubereiten als bei Monomaterialien. Die biologische Abbaubarkeit ist genau so schlecht wie bei Kunststoffen.


Idee Nr. 3: Jeder Patient bringt sich seinen eigenen Becher mit


Diese Idee finde ich am charmantesten. So wie wir unseren "Coffee-to-go-Becher" aus stabilem Material zum Bäcker oder Imbiss unseres Vertrauen bringen können, könnte man ihn oder jeden anderen Becher (am besten aus unzerbrechlichem Material) auch beim Zahnarzt benutzen. Diesen Becher bräuchte niemand aufwendig aufzubereiten und die Müllberge wüchsen langsamer!

Ich glaube zwar nicht, dass sich diese Idee schnell durchsetzen wird, aber wenn Sie mögen: Wir füllen gerne Ihren Becher und vermeiden so Plastikabfall in der Praxis.

Fazit: Wer seinen eigenen Becher mitbringt, schont die Umwelt am meisten!


von Tilman Flechsig 22. April 2024
Verwendet unsere Praxis noch Amalgam? Nein. Wir haben in unserer Praxis die Verwendung von Amalgam schon vor über 25 Jahren komplett eingestellt. Bei Kindern und Jugendlichen haben wir es nie verwendet. Im Jahr 2018 hat die EU die Verwendung des Materials bei Schwangeren und Kindern unter 15 Jahren verboten. Nur für diesen kleineren Personenkreis übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die höheren Kosten einer Kompositefüllung. Wir bieten in unserer Praxis sowohl kostenfrei als auch kostenpflichtige Alternativen zum Amalgam an. Alle Patienten werden vor der Behandlung über eventuell anfallende Kosten bei der Versorgung mit höherwertigen Materialien informiert. Welche Konsequenzen ein EU-Amalgamverbot für die zukünftige Kostenübernahme von Kompositefüllungen (" Kunststofffüllungen ") durch die Krankenkassen haben wird, können wir derzeit noch nicht abschätzen. Für das Jahr 2024 ändert sich erst einmal nichts.
von Tilman Flechsig 11. April 2024
Vor nicht allzu langer Zeit waren Karies (" Zahnfäule ") und lockere Zähne durch Parodontitis (" Zahnfleischschwund ") die Hauptursachen für den Verlust von Zahnsubstanz und Zähnen. Erfreulicherweise hat sich das geändert: Durch die verbesserte Mundhygiene bleiben mehr und mehr Menschen weitgehend kariesfrei und das Zahnfleisch und der Zahnhalteapparat werden gesund erhalten. In den letzten zwei Jahrzehnten rücken andere Schadensformen an den Zähnen mehr und mehr in den Vordergrund. Es sind Substanzverluste an den Oberflächen der Zähne, die durch mechanische ("Zähneknirschen", beschleunigter Zahnabrieb) oder chemische (Säureschäden) Einflüsse zu massiven Formveränderungen der Zähne, zum Absinken der Bisshöhe oder zum Freiliegen von empfindlichen Zahnarealen führen. Nach dem kompletten Verlust des schützenden Schmelzmantels liegt dann das Zahninnere, das Dentin frei, was zudem zu stark schmerzempfindlichen Zähnen führen kann. Natürlicher Oberflächenverlust (= Physiologische Demastikation) Jedes Gebiss unterliegt normalerweise einem kontinuierlichen Abrieb durch die Nahrungsbestandteile und die jeweilige Gegenbezahnung bzw. durch den Einfluss von natürlichen Säuren aus der Nahrung. So haben 20jährige in nur drei Prozent der Fälle einen stark sichtbaren Abriebsverlust (Abrieb bis in das mittlere Dentindrittel), wohingegen 70jährige diesen zu 17 Prozent aufweisen. Über 80% der 70jährigen haben zwar gealterte, aber grundsätzlich intakte Zahnoberflächen. Im Normalfall müssten unsere Zähne vom Abrieb her für ein ganzes Leben halten, weil wir in 10 Jahren nur etwa 0,3 mm an Zahnschmelz verlieren. Da der Schmelzmantel der Zähne im Bereich der Kaufläche ca. 1,5 mm dick ist, sollten wir die ersten 50 Jahre der Zahnnutzung ohne Freilegung von Dentin schaffen. Dies gilt umso mehr, als wir in unseren "modernen Zeiten" die Zähne nicht mehr als Werkzeug nutzen oder auf Steinen gemahlenes Mehl zu uns nehmen müssen. Das Mehl mit dem Sandzusatz wirkte in früheren Zeiten zu Brot gebacken wie Schmirgelpapier. Gebisse von Menschen, die vor mehr als 250 Jahren lebten, zeigen einen deutlich höheren Substanzverlust als heutzutage üblich. Es ist grundsätzlich sehr wichtig, krankhafte Substanzverluste schon in einem frühen Stadium zu entdecken, um massive Schäden und hohe Folgekosten für aufwendige Zahnrekonstruktionen zu vermeiden. Insbesondere kann sich der Abrieb verstärken, wenn das Dentin ("Zahnbein") an der Zahnoberfläche durch den vollständigen Verlust des Zahnschmelzes frei zu liegen beginnt, weil Dentin fünf mal weicher als Zahnschmelz ist. Was sind die Ursachen für einen beschleunigten Verlust von oberflächlicher Zahnsubstanz, der nicht durch Karies verursacht sind ? Wir unterscheiden hier zwei Schadensmechanismen, die im schlimmsten Fall kombiniert auftreten können:
von Tilman Flechsig 8. Februar 2024
Moderne Zahnerhaltung funktioniert . Immer mehr Menschen behalten immer mehr eigene Zähne bis in hohe Lebensalter. Dieser Erfolg wird für Deutschland durch repräsentative Studien bestätigt, zum Beispiel durch die fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) von 2016. Mehr eigene Zähne im Mund - das ermöglicht Zahnärzten, in weit höherem Maße als früher Zahnersatz anzufertigen, der fest im Mund verankert ist, also Kronen und Brücken anzufertigen, statt wie früher einen herausnehmbaren Zahnersatz herzustellen. Die Lebensqualität der so versorgten Menschen ist höher, der Kaukomfort und die Kauleistung steigen. Dieser Trend wird durch den Einsatz von Zahnimplantaten noch verstärkt, weil diese strategische eingesetzten künstlichen Zahnwurzeln die Möglichkeiten der fest sitzenden Verankerung für Zahnersatz nochmals erweitern. Die Gruppe der Menschen, die zahnlos und mit einer Totalprothese versorgt sind, wird kleiner. Diese erfreuliche Entwicklung hat allerdings auch eine Schattenseite. Wo früher Totalprothesen mit einer "Kukident"-Reinigungstablette über Nacht im Wasserglas auf dem Nachttisch gereinigt werden konnten, müssen nun auch im hohen Alter die eigenen Zähne im Mund gepflegt werden. Mit steigendem Lebensalter treffen zwei Entwicklungen aufeinander: Zum einen steigt mit höherem Alter die Gefahr für Karies gegenüber dem mittleren Alter an. Freiliegende Zahnhälse, vergrößerte Zahnzwischenräume und abgenutzte Schmelzareale sowie eine geringere Speichelproduktion vergrößern die Anfälligkeit für Karies. Einschränkungen bei der Mundhygiene (Beweglichkeit von Schulter, Arm und Fingern, Sehschärfe etc.) begünstigen die Entstehung schädlicher Bakterienbeläge auf den Zahnoberflächen. In besonderem Maße sind Menschen gefährdet, die pflegebedürftig sind und noch eigene Zähne haben. Hier vergrößert sich der allgemeine Pflegebedarf durch die technisch herausfordernde Pflege der Zähne noch einmal deutlich. Und gerade in diesem Bereich gibt es zur Zeit noch die größten Defizite sowie einen hohen Informationsbedarf. Für Angehörige und Pflegende gibt es seit eine sehr informative Informations- und Lernplattform im Internet: https://mund-pflege.net/ Auf dieser vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Plattform werden eine Vielzahl von Informationen und praktische Tipps gegeben. Die Kapitel sind durchgehend bebildert, frei von Werbung und gut verständlich. Ein Blick auf diese Seite lohnt sich für jeden!
von Tilman Flechsig 28. Oktober 2023
Das Problem des Biofilms
von Tilman Flechsig 27. Oktober 2023
Testbericht über die neue elektrische Zahnbürste oral-b iO10.
von Tilman Flechsig 26. September 2023
In dem Beitrag wird erklärt, dass auch beim Vorliegen einer Schilddrüsen-Unterfunktion (z. B.: Hashimoto-Thyreoditis) die normale Zahnpflege mit fluoridierten Zahnpflegeprodukten problemlos möglich ist.
von Tilman Flechsig 12. September 2023
Wie kann ich meine Mundhygiene verbessern?
von Tilman Flechsig 7. September 2023
Wieso werden Mundspülungen überhaupt angewandt oder empfohlen?
von Tilman Flechsig 16. August 2023
Verschiedene Stoffgruppen zum Süßen von Lebensmitteln werden vorgestellt und unter gesundheitlichen Aspekten eingeordnet.
von Tilman Flechsig 2. Februar 2023
" Unverantwortlich: Immer noch Titandioxid in Kinderzahnpasta " - so lautet der etwas reißerische Titel der online-Veröffentlichung der Zeitschrift Öko-Test zu ihrem aktuellen Testbericht über die Inhaltsstoffe von Kinderzahnpasten. Zu lesen unter: https://www.oekotest.de/freizeit-technik/Unverantwortlich-Immer-noch-Titandioxid-in-Kinderzahnpasta_13489_1.html Doch besteht hier wirklich die reale Gefahr einer drohenden Erbgutschädigung für unsere Kinder durch Zahnpasta? Über Inhaltsstoffe von Zahnpasten lässt sich lange diskutieren. Insbesondere bei Zahnpasten für Kinder ist der Verbraucher heute sehr kritisch und hinterfragt ihren Nutzen bzw. wägt ein schädliches Potential dagegen ab. Grundsätzlich gilt : => Kinderzähne sollten ab dem ersten Zahn von den Eltern 2 x täglich von allen Seiten sauber geputzt werden. => Die Schutzwirkung fluoridierter Zahnpasta ist höher als die Kombination von Fluoridtabletten und fluoridfreier Zahnpasta und diese höher als die alleinige Anwendung von fluoridfreier Zahnpasta. => Die Fluoridkonzentration, die die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendzahnheilkunde empfiehlt, sind: 0-2 Jahre: "Erbse" mit 500 ppm Fluorid oder "Reiskorn" mit 1000 ppm Fluorid 3-6 Jahre: "Erbse" mit 1000 ppm Fluorid ab 7 Jahre" "Erbse" in der Erwachsennenkonzentration von 1450 ppm Fluorid Lesen Sie hierzu auch unseren Betrag " Zeitschrift Öko-Test testet Kinderzahnpasten " aus dem Jahr 2021. => Das Schadenspotential bei sinnvoller Anwendung (kleine Menge) eines handelsüblichen Produktes dürfte äußerst gering sein. Bedenken Sie immer, dass Speisereste und aggressive Bakterien das Zahnfleisch ebenso "chemisch" reizen und schädliche Auswirkungen (Entzündungen, Karies, Schmerzen, eingeschränkte Nahrungsaufnahme etc.) verursachen. => Derzeit werden folgende Inhaltsstoffe von Kinderzahnpasten kritisch diskutiert: + SLS-Schaumbildner (= Natriumlaurylsulfat) kann in höheren Dosierungen die Schleimhaut reizen, es gibt mit den Betainen weniger aggressive Alternativen. + PEG (Polyethylenglycol) und seine Derivate sind Feuchthaltemittel, die die Konsistenz der Zahnpasta optimieren. Das sie die Schleimhaut durchlässiger für Giftstoffe machen und das dies messbare Folgen hat, ist allerdings nicht so eindeutig. Ich kenne hierzu keine Studie. + Triclosan ist ein keimtötender Zusatz, der nur in sehr speziellen Fällen sinnvoll wäre und sich in keiner mir bekannten Kinderzahnpasta mehr befindet. + Bleichmittel zur Zahnaufhellung haben in Kinderzahnpasten nichts verloren und sind dort auch nicht enthalten. + Kunststoff-Mikrokügelchen sind als "schonender" Abriebstoff inzwischen von unbedenklichen Silika-Putzkörpern abgelöst worden und nicht mehr in Kinderzahnpasten zu finden. + Titandioxid ist im Zusammenhang mit einer EU-Verordnung zu Feinstäuben oder Nanopartikeln in der Nahrung in den Focus geraten. Lesen Sie hierzu unseren Blog " Titandioxid in Zahnpasten ". Derzeit würde ich Titandioxid mit einer Partikelgröße von größer als 1 µm als unbedenklich, aber auch unnötig bezeichnen. Auf keinen Fall kann aus den derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Daten geschlossen werden, dass durch diesen Farbstoff in Zahnpasten die Krebsgefahr steigen würde. Es ist also kein Skandal, wenn immer noch Titandioxid in Erwachsenen- oder Kinderzahnpasten zu finden ist, sondern eher unnötig. "Größere Mengen" an Zahnpasta sollten Kinder niemals verschlucken können, da es Aufgabe der Eltern ist, die entsprechende Menge zu portionieren. Wir brauchen die "schöne" weiße Färbung der Zahnpasta nicht wirklich; ob sie diese als Kunde bevorzugen, können Sie am obrigen Bild selber testen. + Blei ist weder im Lebensmittelbereich noch im Bereich der Kosmetik (zu dem die Zahnpasten gehören) zugelassen. Es ist eine giftige Verunreinigung und kein zugelassener Inhaltsstoff. Aktuell: Die Zeitschrift Ökotest hat nun 24 Baby- und Kinderzahncremes geprüft. Vier erhielten die Bestnote, in fünf Pasten steckt der von der Zeitschrift als bedenklich eingestufte umstrittene Stoff Titandioxid, in einer Blei. Unter den 24 getesteten Zahnpasten sind sieben zertifizierte Naturkosmetikprodukte und sieben Pasten ohne Fluorid. Zu den Test-Gewinnern mit der Bestnote „sehr gut“ gehört das Kids Zahngel mit Erdbeer-Himbeer-Geschmack von Bevola Naturals, erhältlich bei Kaufland. Mit 1,73 Euro pro 50 Milliliter bewegt es sich preislich im Mittelfeld, gilt aber auch als Naturkosmetikprodukt. Insgesamt fünf Produkte fallen mit „ ungenügend “ durch, weil sie den von Ökotest als gesundheitsschädlich eingestuften Zusatzstoff Titandioxid ( auf der Packung Kürzel "CI 77891") enthalten. Die Autoren schließen aus der Tatsache, dass die EU Titandioxid seit 2 Jahren als Lebensmittelzusatz verboten hat (dort heißt es E171 ), dass eine Gefahr für Kinder besteht. Die Begründung der Autoren ist, dass die Kinder größere Mengen an Zahnpasta schlucken würden. Das wird hoffentlich durch die sinnvolle Dosierung durch die Eltern begrenzt. Dass Titandioxid direkt das Erbgut schädigt, ist eine sehr steile These der Autoren, die wissenschaftlich nicht belegt ist. Versuche an Mäusen, die über einen längeren Zeitraum mit Titandioxid in Nanopartikelgröße gefüttert wurden, zeigten, dass diese Mäuse Entzündungen im Darm entwickelten. Hierdurch kann theoretisch wie bei jeder chronischen Darmentzündung die Krebsgefahr steigen. Es gibt aber keine derartigen Beobachtungen an Menschen und deshalb nur die Empfehlung, dass Menschen mit bereits bestehenden chronischen Darmentzündungen diesen Stoff meiden sollen. Die Ableitung "Titandioxid = Nanopartikel = Darmentzündung = Krebs" ist eine absurde Vereinfachung, die suggeriert, dass Titandioxid die "intrinsische" Eigenschaft hat, Krebs zu erzeugen. Wenn das so wäre, würde niemand mehr diese Zeilen lesen können, wenn wir die Allgegenwart dieses Stoffes in Farben / Lacken / Tabletten / Lebensmitteln / Kaugummi / Sonnencreme / Papier und vielem mehr bedenken. Das Blend-a-Med Blendi Gel mit Erdbeergeschmack, Odol- Med 3 „Erste Zähne“, Odol-Med 3 Milchzahn „Milde Minze“, Putzi Kinderzahngel und Today Dent Kids Milchzähne fallen durch. Die Ben & Anna Zahnpasta Strawberry Fluoride For Kids , die mit 3,50 Euro pro 50 Milliliter ein teures Produkt und in der Kategorie „zertifizierte Naturkosmetik“ einsortiert ist, erhält „ungenügend“, weil Blei gefunden wurde. Mit „ gut “ sind die Eurodont Kinder Zahncreme mit Bubblegum Geschmack von Aldi, die One Drop Only Kinder-Zahnpasta mit Himbeer-Geschmack und die Sensident Kids Zahncreme, Himbeer-Geschmack von Müller bewertet. Produkte von Elmex, Karex, NUK und Signal liegen im Mittelfeld. Ab sechs Jahren können sich Kinder laut Autoren mit einer Universalzahncreme ohne Zinkzusatz oder mit einer milder schmeckenden Junior Zahncreme die Zähne putzen. Aktuell hat Ökotest im Labor untersucht, ob der Fluoridgehalt der Produkte tatsächlich im deklarierten Bereich liegt – was bei allen der Fall ist. Mein Fazit : Titandioxid in (Kinder-)Zahnpasten ist unnötig und kann ohne Probleme weggelassen werden. Er ist deklarationspflichtig und wird auf der Packung angegeben. Schauen Sie auf die Packung und suchen Sie die Bezeichnung CI 77891, wenn Sie den Inhaltsstoff vermeiden wollen. Die Beschränkungen für Titandioxid im Lebensmittelbereich (hier geht es um ganz andere Mengen des Stoffes) sind eine Vorsichtsmaßnahme der EU und nicht als "Beweis" für eine Gefährlichkeit des Farbstoffes in kleinsten Mengen zu interpretieren. Die Zeitschrift Öko-Test hat leider keine Untersuchungen zur Gesamtmenge und Partikelgröße des Titandioxids in Zahnpasten vorgenommen (Stichwort mikro oder nano?). Achten Sie bitte weiterhin auf die Zahngesundheit Ihrer Kinder und verwenden Sie eine fluoridhaltige Zahncreme.
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