Wieso werden Mundspülungen überhaupt angewandt oder empfohlen?
Seit der "Erfindung" des Odol-Konzentrats werden Mundwässer oder Mundspüllösungen angewandt, um den Atem zu erfrischen, die Gesundheit der Mundschleimhaut zu fördern und Bakterien abzutöten. Später kamen als Funktionen noch der Schutz vor Karies und der Schutz vor Erosionen (Schäden durch Säuren aus der Nahrung) hinzu. Mundspülungen werden grundsätzlich nach einer Einwirkzeit von 30-60 Sekunden ausgespuckt und niemals getrunken. Deshalb sind sie für kleine Kinder nicht geeignet. Die Mundspülung wird bei geschlossenem Mund und zusammengebissenen Zähnen aktiv zwischen den Zähnen hindurchgepresst, um die Zahnzwischenräume zu erreichen. Auch ein Gurgeln mit nach hinten gelegten Kopf für die Benetzung des hinteren Rachenbereiches kann sinnvoll sein.
Grundsätzlich finden sich die meisten Inhaltsstoffe, die Mundspülungen wirksam machen, auch in Zahnpasten. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Anwendung von Mundspülungen überhaupt sinnvoll ist.
Der Vorteil einer Zahnpasta ist, dass sie durch Ihre Putzkörper und Detergentien in der Lage ist, die mechanische Reinigung der Zähne durch die Zahnbürste effektiv zu verbessern und somit weitere Wirkstoffe direkt auf die so gereinigten Zahn - und Zahnfleischoberflächen zu bringen. Eine Mundspüllösung reinigt nicht die Zähne, sondern muss gegebenenfalls die bakteriellen Zahnbeläge durchdringen, um an die Zahnoberfläche zu gelangen. Odol® war zu einer Zeit erfolgreich, als die Mehrheit der Bevölkerung keine regelmäßige und effektive Mundhygiene betrieb, ja oft nicht einmal eine Zahnbürste besaß.
Der Vorteil einer Mundspülung ist, das sie leichter anzuwenden ist und auch in Bereiche vorzudringen vermag (Zungenrücken, Zahnzwischenräume, Rachenmandeln etc.), die einer mechanischen Reinigung nicht oder nur schwer zugänglich sind. Bei bakteriell bedingtem Mundgeruch könne spezielle Zinkverbindungen (Zinklactat) Abhilfe schaffen. Mundspülungen sind auch für Menschen sinnvoll, die aufgrund einer körperlichen Einschränkung (z.B.: einer Schulterverletzung) oder besonderen Lebensumständen (z.B.: Operation im Mund, Bettlägerigkeit, Reise) zeitweilig keine optimale Mundhygiene durchführen können.
In besonderen Fällen (Bulimie = regelmäßiges Erbrechen) kann es sinnvoll sein, die Zähne nicht sofort nach dem Erbrechen zu putzen, sondern lediglich eine remineralisierende Mundspüllösung mit einer Fluoridverbindung zu verwenden. Da der saure Magensaft die Oberflächen der Zähne "aufweicht", ist ein nachfolgendes Zähneputzen möglichst für die nächsten 2-3 Stunden zu vermeiden. Hier kann eine remineralisierende Mundspülung sinnvoll sein.
In der Regel werden tägliche Mundspülungen heutzutage nur als Zusatzmaßnahme nach dem Zähneputzen und der mechanischen Reinigung der Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürstchen empfohlen. Studien zeigen, dass Mundspüllösungen, die nach dem Zähne bürsten und der Anwendung von Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten eingesetzt werden, die Bakterienbeläge im Zahnzwischenraum nochmals deutlich reduzieren können. Es gilt: Anwendung nach Zahnbürste und Zahnseide, nicht statt Zahnbürste und Zahnseide!
Die meisten Mundspüllösungen enthalten heutzutage keinen Alkohol mehr. Dennoch sollten Sie immer überprüfen, ob dies auch der Fall ist. Mundspülungen, die regelmäßig angewendet werden sollen oder für Kinder bzw. "trockene Alkoholiker" geeignet sein sollen, müssen alkoholfrei sein. Zudem erhöht der regelmäßige Schleimhautkontakt mit Alkohol die Gefahr von Krebserkrankungen des Mundes.
Was ist der Unterschied zwischen einem Mundwasserkonzentrat und einer Mundspüllösung?
Im Gegensatz zu den gebrauchsfertigen Mundspülungen sind Mundwasserkonzentrate Lösungen zum selber anmischen. Das ermöglicht eine praktische Verpackung sowie die Mitnahme auf Reisen in kleinen Fläschchen. Allerdings begrenzt es die Auswahl der Inhaltsstoffe stark, da keine Kontrolle über die Konzentration der gebrauchsfertigen Lösung gegeben ist, sondern nur Empfehlungen des Herstellers existieren, die der Anwender (hoffentlich) exakt befolgt. Über- oder Unterdosierungen sind möglich.
Mundwasserkonzentrate dürfen aus diesem Grund nach dem Medizinrecht viele Wirkstoffe nicht enthalten. Sie enthalten zum Beispiel niemals Fluoride , da hierfür eine exakte Obergrenze festgelegt ist. Sie enthalten auch nie das hochwirksame Chlorhexidin.
Es gibt keine wissenschaftlichen Studien zur Wirksamkeit dieser "traditionellen" Mundwässer gegen Karies oder Parodontitis. Aus diesem Grunde empfehlen wir sie auch nicht für diese Zwecke.
Wer nach dem gründlichen Zähneputzen noch zusätzlich gerne ein solches Mundwasser "zur Erfrischung" benutzen möchte, kann das natürlich tun. Bekannte Präparate sind:
Odol® => Zinkchlorid, ätherische Öle
Mallebrin® => Aluminiumchlorid
Wenn ein Mundwasser zur reinen "Erfrischung" oder Verdeckung eines unangenehmen Geruchs (z.B: Knoblauch) genutzt werden soll, ist ein
zuckerfreies Zahnpflegekaugummi meiner Meinung nach sinnvoller. Neben den erfrischenden Aromen haben Zahnpfegekaugummis auch einen Zusatznutzen durch die mechanische Reinigung des Gummis und eine Speichel anregende Wirkung durch die Stimulation der Speicheldrüsen beim Kauen.
Nicht verwechselt werden sollten die Mundwasserkonzentrate mit Mund- und Rachentherapeutika gegen Entzündungen, die für die kurzfristige Anwendung gedacht sind. Sie haben nichts mit Mundhygiene zu tun und unterstützen diese auch nicht. Achtung: Lösungen mit Pflanzenauszügen enthalten oft viel Alkohol! Beispiele sind:
Salviathymol® => 31% Alkohol, ätherische Öle (Salbei, Eucalyptus, Pfefferminz, Levomenthol u. a.)
Kamillosan® => 42,8% Alkohol, Kamillenblütenauszug
Tantum Verde® => 10% Alkohol, Benzdiaminhydrochlorid
Pyralvex Lösung mit Pinsel® => 59,5% Alkohol, Rhababerwurzelextrakt
Welche verschiedenen Arten von Mundspülungen gibt es?
Grundsätzlich können Mundspülungen nach Ihren Inhaltsstoffen und der empfohlenen Anwendungsart in folgende Gruppen unterteilt werden:
Grundsätzlich lautet unsere Empfehlung:
Verfärben sich die Zähne durch Mundspüllösungen?
Viele Mundspüllösungen enthalten aus optischen Gründen Farbstoffe. Diese sind aber unbedenklich und verursachen keine Verfärbungen der Zähne.
Bei Mundspüllösungen, die die Wirkstoffe
Chlorhexidin oder
Zinnfluorid enthalten, kann es je nach Zusammensetzung des Speichels und der Ernährung zu Zahnverfärbungen (Auflagerungen von Farbpartikeln aus der Nahrung) kommen. Während diese bei Zinnverbindungen eher einem grauen Schleier ähneln, sind die CHX-bedingten Vervärbungen eher schwarzbraune Linien. Alle diese Verfärbungen sind grundsätzlich harmlos und können im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung wieder entfernt werden. Um solche Verfärbungen auf ein Minimum zu begrenzen, ist folgendes zu beachten:
Chlorhexidinhaltige Spüllösungen mit
hoher Wirkstoffkombination ( =>
0,2%) sollten nur vorübergehend zur Bakterienbekämpfung eingesetzt werden. Das ist zum Beispiel sinnvoll, wenn die Mundhygiene nach Operationen eingeschränkt ist oder ein akuter Infekt vorliegt. Auch ist eine Vorbehandlung von chronisch entzündetem Zahnfleisch in den Tagen
vor einer professionellen Zahnreinigung mit diesen Präparaten sinnvoll.
Handelsnamen solcher Spülungen sind z.B.: Chlorhexamed forte® , Hexoral®
Update 02-2024
Eine aktuelle Studie des "Fraunhofer-Institutes für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen" hat die Entstehung der Verfärbungen durch das Zusammenspiel von Chlorhexidin (CHX) und verschiedenen Getränken untersucht. Der Mechanismus der Verfärbung ist zweistufig: Zunächst benetzt CHX die Zahnoberfläche und bleibt dort haften (gewünschter Langzeit-Effekt), dann reagieren verschiedene Farbstoffe aus der Nahrung (hier Getränke) mit dem CHX zu einem festen Farbkomplex. Die stärksten Verfärbungen entstehen durch schwarzen Tee und Rotwein, gefolgt von Ingwer-Zitronen-Tee und Kaffee sowie von Tee mit Milch und Lagerbier. Die Empfehlung lautet, während einer Akutbehandlung mit CHX (maximal 2 Wochen) auf diese Getränke möglichst zu verzichten.
Hier der Link zur Pressenmitteilung:
https://www.imws.fraunhofer.de/de/kompetenzfelder/medizin-umwelt/highlights/zahnverfaerbungen-bei-chlorhexidinbehandlungen-im-zusammenhang-m.html
Verändern Mundspüllösungen nicht die natürliche Zusammensetzung der Mundflora?
Unsere "natürliche Mundflora" ist das Ergebnis vielfältiger Einflüsse wie der Ernährung, der Mundhygiene, dem körperlichen Allgemeinzustand sowie der körpereigenen Immunabwehr. Sie ist bei jedem Individuum etwas anders zusammengesetzt und spiegelt diese Einflüsse wieder. Ändern wir unsere Ernährung, so verändert sich auch unsere jeweilige Mundflora.
Eine gute Mundhygiene reduziert definitiv die Menge an schnell wachsenden Streptokokkenarten, eine zuckerfreie Ernährung die Anzahl der Säure liebenden Lactobazillen. Es gibt also keine stabil zusammengesetzte bei allen Menschen gleiche "natürliche Mundflora".
Stark desinfizierende Mundspülungen auf Chlorhexidinbasis verändern die Mundflora definitiv - sie eliminieren sie nämlich komplett für einen kurzen Zeitraum (ca. 12 Stunden)! Da diese Spüllösungen ausgespuckt werden, beeinflussen sie aber nur in geringem Maße unser Verdauungssystem. Und keine Sorge, die natürlichen Bakterien kommen "ruck-zuck" aus der Umwelt alle wieder zurück in den Mund, ein Kuss genügt.
Schwieriger ist die Einschätzung der Auswirkung einer Daueranwendung von Mundspüllösungen. Ähnlich dem regelmäßigen Rasen mähen reduzieren sie möglicherweise nicht nur die Gesamtmenge an Bakterien, sondern auch deren spezifische Zusammensetzung. Deshalb sollten die Präparate auch nur angewendet werden, wenn die jeweilige spezifische Zusammensetzung (z.B.: eine hohe Zahl an Karies verursachenden Streptokokken) der Bakterien in einem Mund eine schädliche Auswirkung auf den Organismus hat. Wenn also eine hohe "Zuckerlast" der Ernährung auf eine mangelhafte Mundhygiene trifft, so entsteht "natürlich" eine spezifische Bakterienzusammensetzung, die aus Zucker Milchsäure produziert und somit Karies verursacht.
Sinnvoll ist auf jeden Fall die "Lenkung" der Bakterienzusammensetzung im Mund durch eine gesundheitsfördernde Lebensweise und durch eine optimierte Mundhygiene. In den meisten Fällen wird die regelmäßige Anwendung einer Mundspüllösung dann unnötig sein.