Elektrische Bürsten

Bieten elektrische Bürsten Vorteile gegenüber manuellen Bürsten?

Grundsätzlich haben moderne elektrische Zahnbürsten im Vergleich zu Handzahnbürsten eine überlegene Effektivität bei der Reinigung der Zähne. Sie können die erforderliche Putzzeit (ca. drei bis fünf Minuten)  verringern. Sie verringern Fehler, die durch Ermüdung entstehen, motivieren Kinder zu besserem Zähneputzen und erleichtern auch älteren Menschen mit körperlichen Einschränkungen die Zahnpflege.

Eine 11-jährige Beobachtungsstudie der Universität Greifswald aus dem Jahr 2019 zeigte, das Nutzer elektrischer Zahnbürsten 20% weniger Zahnverluste aufwiesen und Personen mit leichter und mäßiger Parodontitis ihr Zahnfleisch gesünder halten konnten.

https://www.deutschesgesundheitsportal.de/2019/05/23/elektrische-zahnbuersten-beugen-zahnverlust-vor/



Entscheidend dafür, ob diese Vorteile auch abgerufen werden, ist die Umsetzung einer vollständigen Systematik beim Putzen und die richtige Handhabung der Bürste (siehe Kapitel: Wie Zähne putzen?). Elektrische Bürsten sind keine Putzroboter und finden ihren Weg nicht von alleine!

Allerdings verfügt die neueste Generation der hochpreisigen elektrischen Zahnbürsten über eine interessante Neuerung, die elektronische Überwachung des Putzvorganges. Durch eine  Positionserkennung der Bürste im Mund (3D-Tracking) , die in Verbindung mit einer speziellen App für das Smartphone die bereits gereinigten Bereiche des Gebisses anzeigt, kann das System quasi als Instruktor die systematische Abfolge der Mundhygiene überwachen und anleiten.  Auch wird der Anpressdruck und die Reinigungszeit angezeigt. Inwieweit sich das Reinigungsergebnis hierdurch steigern lässt, muss sich noch zeigen

(Oral-B Genius X in Verbindung mit Handy-Kamera,
Oral-B iO9 Kamera-unabhängige Positionserkennung).



Ungeübten Menschen werden eher Schallzahnbürsten empfohlen, geübte Putzer können leichte Vorteile mit oszillierend- rotierenden Bürsten erzielen.

Werden elektrische Bürsten mit der richtigen Technik angewandt, verursachen sie nicht mehr Schäden am Zahnfleisch und nur unwesentlich mehr Abrieb an frei liegenden Zahnhälsen als Handzahnbürsten.  Das Prinzip "wenig Druck" gilt auch für alle elektrischen Zahnbürsten. Interessanterweise wird mit Handbürsten tendentiell mehr Druck als mit elektrischen Bürsten ausgeübt.

Durch eine längere Putzzeit können aber gleich gute Putzergebnisse auch mit Handzahnbürsten erzielt werden: Elektrische Zahnbürsten sind also kein "Muss"!

Vergleichsportale im Internet informieren über aktuelle Angebote und Preise.

Beispiel:

https://elektrischezahnbuerste.org/

Verschiedene elektrische Bürstentypen

Während "elektrische" Bürsten in der Vergangenheit nur mit dem Bürstenkopf hin- und her-wackelten, dominieren heute zwei andere  Grundtypen von Bürsten: Die eine Gruppe erzeugt oszillierende Bewegungen eines runden Bürstenkopfes auf einem Kreisbogen, die andere Gruppe bringt einen eher konventionellen Bürstenkopf durch einen piezoelektrischen Generator ins Schwingen und erzeugt so Mikrobewegungen der Borsten.

Daneben gibt es auch noch einige Sonderformen, die diese Prinzipien etwas variieren.

Grundsätzlich haben diese Bürsten eine Ladestation und einen im Bürstengriff integrierten Akku, der genug Ladung für mehrere Tage  Einsatz bietet. Für einen Wochenendausflug muss die Ladestation also nicht mitgenommen werden. Die dicken Handgriffe, in denen sich der Akku befindet, liegen überraschend sicher und angenehm in der Hand.


Prinzip oszillierend-rotierender Bürstenkopf

Bei der Oral-B./Braun-Zahnbürste wird ein runder Bürstenkopf periodisch abwechselnd nach rechts und links bewegt. Pro Minute werden 7.000- 8.000 kleine Bewegungen durchgeführt, mit einer Handbürste nur 200-300 pro Minute. Durch die vielen kleinen Wischbewegungen können Zahnbeläge insbesondere in den problematischen Bereichen des Zahnhalses und im Eingangsbereich der Zahnzwischenräume sehr gut gelockert werden. Die Bürste nimmt ihrem Benutzer die ermüdenden und schwierigen kleinen Rüttel- oder Wischbewegungen ab und eröffnet somit die Chance zu einem besseren Putzergebnis. Inzwischen wurde dieser Bürstentyp weiterentwickelt und führt noch kleine "pulsierende" Mikrovibrationen aus, um die Reinigungsleistung zu steigen ("Pulsonic"-oder 3D-Technologie). Diese erreichen aber nicht die Energiedichte von Schallzahnbürsten.


Die Handhabung dieser Bürsten ist aber nicht selbsterklärend, sondern anspruchsvoll: Der Bürstenkopf muss im richtigen 45°-Winkel mit wiegenden Bewegungen zu den Zahnzwischenräumen hin geführt werden.  Bei kleinen Frontzähnen oder kulissenartig verschachtelten Zähnen ist diese Bewegung schwierig.

Um Abriebschäden im Zahnhalsbereich zu vermeiden, dürfen diese Bürsten auf keinen Fall mit zu hohem Anpressdruck benutzt werden - aus diesem Grund hat die Firma bei neueren Modellen auch eine Druck-Warnvorrichtung eingebaut.


Jeder Wechselkopf besteht aus vielen mechanischen Bauteilen. Die Kosten für die Wechselköpfe variieren erheblich zwischen zwei und neun 9 Euro, abhängig von der Packungsgröße. Inzwischen bieten Discounter auch "No-Name-Bürstenköpfe für Oral-B-Bürsten an. Deren Qualität im Vergleich zu Originalköpfen ist uns nicht bekannt.


Bekannte Modelle für oszillierend-rotierende Bürsten sind:

  • Oral B:
  • Pro Serie
  • Smart Serie (mit App)
  • Genius X (mit App und Positionserkennung)
  • iO Serie mit App, Positionserkennung und 3 D-Tracking (Achtung: Bürstenköpfe nicht kompatibel zu den anderen Modellen, da neuer Magnet-Antrieb)


  • Colgate Actibrush (Colgate-Palmolive)

Die Firma Oral-B stellt eine Vielzahl von verschiedenen Aufsätzen für ihre mechanischen Bürsten her. Welche Vorteile jeder einzelne bieten kann, ist nicht ganz klar. "Für jeden Patientenwunsch ein eigener Aufsatz" scheint die Marketingstrategie zu sein.  Im Zweifelsfall sollte ein Kopf mit weicheren Borsten gewählt werden.


Interessant  erscheint uns der Sensitive-Clean-

Bürstenkopf (Bild oben rechts) für Patienten mit dünnem Zahnfleischtyp und freiliegenden Zahnhälsen zu sein. Weiche Borsten reinigen Nischen schonender, da sie sich schon bei geringem Anpressdruck verformen und in die kleinen Nischen eindringen.


Auch das Ortho Care Essentials Kit für Träger von festsitzenden Zahnspangen (Brackets) ist sinnvoll, da die spezielle Anordnung der Borstenbüschel dieser Aufsteckbürsten die Reinigung um das Hindernis Bracket bzw. Drahtbogen ermöglicht. Gerade in diesen Bereichen ist die Kariesgefahr besonders hoch, da dort Speisereste hängen bleiben können und Bakterien eine geschützte Nische vorfinden.


Otto Normalverbraucher kann aus dem breiten Sortiment frei wählen.


Sonderform Oral-B Bürstenkopf "Tri-Zone"

Der einzige Bürstenaufsatz für die Oral-B-Bürste, dessen Borsten keine oszillierend-rotierende Bewegung, sondern eine seitwärts-schwingende (und pulsierende) Bewegung ausführen, ist der "Tri-Zone-Aufsatz".

Seine Bewegung orientiert sich an der Rüttelbewegung einer Handzahnbürste und ist für Menschen vorgesehen, die die mit der Handzahnbürste erlernte Putztechnik "eins zu eins" auf der mechanischen Oral-B-Zahnbürste umsetzen möchten.

Mit diesem Kopf wird idealerweise nach der "modifizierten Bass-Technik" gebürstet: Die Bürste wird im 45°-Winkel auf den Übergang vom Zahnfleisch zu Zahn aufgesetzt, die Borsten mit leichtem Druck in die Zahnzwischenräume eingeschoben und eine Auswischbewegung durch Drehen des Bürstenkopfes von "rot nach weiß" durchgeführt. Nach drei bis vier Wiederholungen wird der Bürstenkopf eine Einheit weiter gesetzt und die Abfolge beginnt erneut. Der Tri-Zone-Kopf übernimmt dabei die kleinen Rüttelbewegungen zu Lockern der Zahnbeläge, die großen Bewegungen werden mit der Hand ausgeführt.

 


 Prinzip Schallaktivierter Bürstenkopf

Bei sog. Schallzahnbürsten wird der Bürstenkopf durch einen piezo-elektrischen Schwingungsgenerator in Schwingungen versetzt. Die einzelnen Borsten führen pro Minute 30.000 bis 40.000 seitliche elektrische Bewegungen aus. Diese Bürsten führen aber keine Wischbewegungen durch, das muss der Benutzer selbst tun!. Zahnbeläge werden gut gelockert, die Borstenbüschel dringen bei richtiger Technik auch relativ weit in den Zahnzwischenraum ein.  Zugleich führt ein hydrodynamischer Effekt (Übertragung von Schwingungsenergie auf das Speichel-Zahnpasta-Gemisch) dazu, dass der Reinigungseffekt sogar weiter als die reale Bewegungsspur der Borsten reicht.

Das Gefühl ist zunächst ungewohnt kribbelig, und Anfänger erschrecken sich etwas darüber. Moderne Bürsten bieten verschiedene Intensitätsstufen an, auch einen "Softstart".

Die Handhabung dieser Zahnbürsten ist etwas einfacher als die der oszillierend-rotierenden Bürsten. Dennoch ist auch hier die richtige Technik wichtig:


  • Der Bürstenkopf muss im korrekten 45°-Winkel an den Übergang vom Zahnfleisch zum Zahn angesetzt werden.
  • Nach einer kleinen "Rüttelzeit" werden durch den Benutzer kleine Wischbewegungen von "rot-nach weiß" ausgeführt.
  • Ganz wichtig: Wenig Druck anwenden!
  • Putzen mit System: Die Bürste muss systematisch von Einsatzort zu Einsatzort abgesetzt werden.


Ideal ist diese Technologie bei verschachtelt stehenden Zähnen (siehe Video oben), weil die Borsten auch in schmalen Nischen frei schwingen können.

In besonderen Fällen bei Patienten mit starkem Zahnfleischrückgang und weiten Zahnzwischenräumen kann auch die Putztechnik nach CHARTERS durchgeführt werden. Diese sollte aber im Rahmen der Individualprophylaxe speziell trainiert werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, das Schallzahnbürsten für Patienten mit Zahnfleischerkrankungen vorteilhaft sind.



Beispiele für Schallzahnbürsten sind:

- Cybersonic (Amden)

- Hydrosonic (Curaprox)

- Sonicare Diamond Clean (Philips)

- Pulsonic (Oral-B)

- Waterpik complete care (Fa. Waterpik)




Oszillierend-rotierend oder schallaktiviert?

Welche Konstruktionsform für welchen Patienten besser geeignet ist, ist nicht leicht zu entscheiden. Die wissenschaftliche Studienlage gibt derzeit wenig Anhaltspunkte für die klare Bevorzugung einer "Antriebsvariante". Das liegt einerseits daran, das oftmals "elektrische Zahnbürsten" gegen die Referenz-Handzahnbürste (und nicht gegeneinander) getestet werden, andererseits daran, dass individuelle Fehler oder Fertigkeiten der Studienteilnehmer das Ergebnis so maßgeblich beeinflussen, das die Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen sehr "verwaschen" ausfallen und klare Aussagen erschweren. Außerdem ändern die Hersteller in rascher Folge Details an ihren Produkten, so dass Studienergebnisse rasch "veralten".

Die Daumenregel: oszillierend-rotierende Bürsten  für jüngere "Kariesgefährdete" und Schallbürsten für ältere "Parodontitisgefärdete" bzw. Menschen mit freiliegenden Zahnhälsen ist eine grobe Orientierung.

Letztlich entscheidend ist das individuelle Erlernen der richtigen Putzsystematik und Technik für die jeweils gewählte Bürste.


Da alle elektrischen Bürsten prinzipiell ein gutes Putzergebnis ermöglichen, sind auch Preisüberlegungen wichtig: Während Premium-Modelle bis zu 300.-€ kosten können, bieten die Hersteller auch günstige "Einsteigermodelle" an, deren Reinigungsleistung fast ebenbürtig ist. Wenn die Firma Oral-B eine "Oral-B Kids Cars Elektrische Zahnbürste" für unter 20.- € anbietet,  kann auch der günstige Preis das ausschlaggebende Argument sein. Die Kosten für die Bürstenköpfe sollten allerdings nicht vergessen werden...


Sonderform echte "Ultraschallzahnbürste"

Ultraschallzahnbürsten arbeiten mit extrem hohen Schwingungsfrequenzen bis 1,8 MHz (= 1,8  Mio. Schwingungen pro Sekunde). Die Grundidee ist, die Zähne nicht durch schwingende Borsten und Zahnpasta zu reinigen, sondern die reine  Schallwirkung in einer Flüssigkeit (wie bei einem Ultraschall-Reinigungsbad) zu nutzen.  Energiereiche Schwingungen im Ultraschallbereich versetzen Flüssigkeiten in so schnelle Bewegungen, das durch lokale Vakuumbildung kleine Implosionen entstehen. Diese können Bakterienwände zum Zerreissen bringen und so bakterientötend wirken. Die Zähne werden nicht wie bei "normalen" Schallbürsten mechanisch bearbeitet, der Bürstenkopf bewegt sich scheinbar gar nicht.  Für die Schleimhäute sind diese "akkustischen Stömungen" ungefährlich. Diese Zahnbürsten werden nicht mit herkömmlicher Zahnpasta verwendet!

 

Ob diese Effekte bei der Zahnpflege einen besonderen Vorteil durch bessere Reinigung oder höhere Bakterienreduktion in Nischen bringen, ist für uns derzeit noch nicht eindeutig. Auch überschneiden sich die angegebenen Frequenzbereiche, da auch Schallbürsten Schwingungen von über 20.000 Hz haben. Ob Schwingungen in weitaus höheren Bereichen (> 100.000 Hz) komplett andere Wirkungen entfalten? Schlechter als "Schallzahnbürsten" sind Bürsten mit "Ultraschalltechnologie" definitiv nicht.


Beispiel:

- emmi-dent Ulltraschallbürste

-  Mega-sonex M8 (Megasonex)


Sonderform ionisierende Zahnbürsten

Ionen-Bürsten geben anionische Ladungen ab, um durch Ladungsübertragung die Anhaftung der Bakterienbeläge an den Zahn auflösen. Zusätzlich werden die Borsten wie bei einer Schallbürste in Schwingungen versetzt und reinigen auf mechanischem Wege.

So interessant der Grundgedanke dieser Technologie ist: Die Studienergebnisse sind bisher nicht überzeugend.

Unseres Wissens ist derzeit nur ein kommerzielles Produkt (ION-Sei-Bürste aus Japan) auf dem Markt, das die Ionentechnologie mit Ultraschallschwingungen kombiniert. Allerdings kennen wir keine wissenschaftliche Studie zu diesem Produkt, die einen Zusatznutzen zeigt. Da die Bürste zudem relativ teuer ist, können wir für dieses Produkt noch keine klare Empfehlung abgeben.


Sonderform Vibrationsbürste "Pulsar"

Die Firma Oral-B stellt unter dem Namen Oral-B PRO-EXPERT Pulsar eine "elektrische" Zahnbürste her, die von der äußeren Form einer Handbürste gleicht. Im Griff befinden sich eine Batterie und ein Schwingungsgenerator. Dieser erzeugt "Mikropulse"; eine Vibration, die bei der Lockerung der Beläge hilfreich sein soll. Der Bürstenkopf trägt eine komplexe Kombination aus schräggestellten Borsten, geraden Borstenbüscheln unterschiedlicher Höhe und 6 Silikonborsten mit jeweils einem Reinigungspad. Trotz dieser aufwendigen Konstruktion führte diese Bürste in einer Studie zu keiner besseren Putzleistung als die Standard-Referenzbürste.

Im Selbstversuch enttäuschte diese Bürste: Der Kopf ist tendentiell zu groß, die Anzahl der Borsten zu klein und die Schwingungsenergie der Borsten zu gering und ungleichmässig. Die gelben "Reinigungspads"  wackeln kraftlos herum und behindern die Reinigung eher.

Positiv an dieser Bürste ist eigentlich nur der "Gadjet-Effekt", also die möglicherweise erhöhte Motivation zum Zähnebürsten durch die Begeisterung für das schöne "Spielzeug".

Unter Umweltgesichtspunkten ist dieses Produkt kritisch zu sehen. Nach der letzten Nutzung  gehört die Bürste auf jeden Fall in den Elektomüll! Im Internet kursieren Anleitungen zum vom Hersteller nicht vorgesehenen Wechsel der Batterie.



Unser Fazit zur "Pulsar"-Zahnbürste: Kaufen Sie sich lieber eine ordentliche Handzahnbürste oder eine "richtige Elektrische".

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